Fragen und Antworten

 

 

 

 

Am 3. Juni 2006 schrieb uns Frau I.:


Thema: "Und vergib uns unsere Schuld"???

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mich beschäftigt seit einiger Zeit die Frage, warum Christen für eine
Vergebung der Sünden beten, wenn Jesus für unsere Sünden doch am Kreuz
gestorben ist.
Ich wäre Ihnen für eine Antwort sehr dankbar.

MfG,
Eine Interessierte


Unsere Antwort:

Liebe Frau I.,
wir bewundern Ihr Nachdenken und Ihren Mut, solche Fragen zu stellen. Zur ausführlichen Beantwortung Ihrer Frage verweisen wir auf unsere Antwort vom 21 Mai auf dieser Webseite.

Wenn Sie unsere Antwort dort gelesen haben, ist Ihnen vielleicht klar geworden, dass nur Gott Sünden vergeben kann und dass wir Menschen ständig in der Lage und bedroht sind, Sünden zu begehen. Sünden gehören zum Menschsein.

Eine Sünde definiert sich als eine Handlung in Freiheit und in Individualität. Das bedeutet: Da wir als Individuen unverwechselbare und unwiederholbare Einzelwesen sind, sind auch unsere in Freiheit begangenen Sünden einmalige Einzeltaten. Keine Situation und Handlung wiederholt sich in der gleichen Weise. Und da für eine solche Tat eine freie Entscheidung Voraussetzung ist, können Unfreie und Unmündige vielleicht Fehler machen, aber sündigen können sie nicht.

Ferner haben wir schon gesagt, dass zur Vergebung einer Sünde die Umkehr, Reue und Wiedergutmachung nötig ist. Dieser Akt kann sich nur auf konkret begangene Sünden beziehen. Und damit kommen wir Ihrer Frage schon näher: Wir bitten Gott als den alleinigen Vergeber um Vergebung dieser konkreten Sünden und Schuld. Bitten "um Vergebung unserer Schuld" heißt mit anderen Worten, dass uns diese konkreten Taten leid tun und wir sie bereuen.

Wir glauben: Jesus ist für unsere Sünden am Kreuz gestorben, das heißt er solidarisierte sich mit seinem Tod mit uns sündigen Menschen und nahm als Vertreter der Menschheit das Vergebungswort Gottes für uns an. Das ist die Voraussetzung für die "Versöhnung" Gottes mit den Menschen. Und hier wird es wie immer, wenn wir von Gott reden schwierig und paradox - und Ihre Frage zeigt sich als berechtigt: Da wir Gott als die bedingungslose Selbstmitteilung glauben, der mit diesem Versöhnungs- und Vergebungswort vor aller Zeit als "das Wort" (Jesus!) in unsere Zeit und Geschichte getreten ist, ist eine Versöhnung mit den Menschen als vorauslaufende Gnaden- und Liebesgabe schon erfolgt. Mit dem geschichtlichen Kreuzestod Jesu ist aber die persönliche Umkehr und Reue nicht überflüssig geworden. Umkehr, Reue und Wiedergutmachung bleiben Bedingung für die Vergebung, weil es ja in Freiheit begangene Einzeltaten waren. Gott tastet nämlich die Freiheit des Menschen nicht an. Wir können zu Gott Nein sagen und die Umkehr und Reue verweigern. Das ist die eigentliche Sünde.

Unser Beten um Vergebung unserer Schuld ist also nur dann ernst gemeint, wenn wir die konkreten Sünden bereuen, sonst wäre unser Beten nur leeres Geplapper - und der erlösende Kreuzestod Jesu ein Sündenwaschmechanismus ohne Zutun der Menschen. Unser Beten ist ein sinnvolles demütiges Bekenntnis unserer Schwäche und Schuldbedrohtheit als Menschen: Es tut uns gut, um Vergebung unserer Sünden zu beten und Gott zu bitten, uns nicht in die Versuchung des Neinsagens zu führen.

Liebe Frau I., Sie beschäftigen sich mit einer nicht einfachen Frage, über die man lange nachdenken und meditieren muss. Es ist mehr als normal wenn man dabei stecken bleibt. Die Größe und Schönheit Gottes zu verstehen übersteigt unsere Möglichkeiten. Aber wir können uns freuen und sie bewundern und loben. Dazu wünschen wir Ihnen alles Gute.


 


 
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