Fragen und Antworten

 

 

 

 

Am 11. Oktober 2007 schrieb uns Frau Y. Z.:


Frage "Taufpate"

Hallo,

ich will folgendes schildern:

Wochenendexerzitien meist älterer Frauenbundfrauen mit einem ca. 35-jährigen, kräftig gebauten, großen Priester auf dem Dorf.

Eine ältere Frau stellte bei der Fragestellung die Frage: "kann jemand, die geschieden ist, Taufpatin werden?".
Der Priester sagte: "Nein".
Das Erklärende, fast Bittende: "aber sie ist doch geschieden, nicht wiederverheiratet",
wurde von dem Leiter (ich mag in diesem Moment nur schwer das Wort "Priester" benutzen) wieder mit dem klaren Wort "Nein" beantwortet, und dann ging er zu einem ihm wichtigen Thema weiter.
Wenn ich zurückdenke, gruselt es mich vor der Ausstrahlung von Kälte und Macht.

Meine Frage an Sie, an euch:
"Kann jemand, die oder der geschieden ist, Taufpatin oder Taufpate werden?"
Ich kann die Antwort des Priesters nicht glauben, und würde das "nein" falsch sein, würde ich es ihm sagen.

Danke und viele Grüße
von Y. Z.


Unsere Antwort:


Liebe Frau Z,
Ihre Mail mit dem geschilderten "Vorfall" bei den Wochenendexerzitien macht nachdenklich. Wir können Ihre Empörung sehr gut nachvollziehen.

Zunächst zu Ihrer Frage, ob eine geschiedene, nicht wiederverheiratete Frau in der katholischen Kirche Taufpatin werden kann:
Nach den kirchenrechtlichen Regelungen gibt es formal kein Hindernis für eine geschiedene Person, ein Patenamt auszuüben, weil es eine "Scheidung" für die katholische Kirche nicht gibt. Der sakramentale Bund der Ehe ist nach katholischem Verständnis nicht auflösbar. Ehen können bei bestimmten Voraussetzungen nur "annulliert", d.h. als gar nicht geschlossen erklärt werden. - Aber auch in einem solchen Fall gibt es kein formales Hindernis für ein Patenamt.

Paten sind im christlichen Sinn Personen, die den "religionsunmündigen" Täufling helfend und schützend durchs kirchliche Leben begleiten, die für ihn in Krisen der Persönlichkeit und des Glaubens eine "Anlaufstelle" sein sollen. Seit der Einführung der Kindertaufe im 3./4. Jh. hat sich das Amt des Paten / der Patin als sinnvoll und notwendig erwiesen, weil ja auch ungetaufte Eltern ihre Kinder haben taufen lassen können. Der Pate oder die Patin musste für sie (an Stelle der Eltern) die Einführung in den christlichen Glauben sicherstellen, bis die Täuflinge zum Vollzug des christlichen Glaubens selber mündig waren - damals wie heute. Patenschaft im Sinne der Kirche ist also ein religiöses Amt.

Von diesem Ziel her betrachtet steht hinter dem Amt des Paten ein hoher Anspruch und man kann die kirchenrechtlichen Vorschriften verstehen (z.B. Canon 873 CIC): Der Pate muss fähig sein diese Pflicht des Paten zu erfüllen, d.h. er muss mindestens 16 Jahre alt, getauft und Kirchenmitglied sein. Seine Lebensführung muss diesem Amt entsprechen und er darf keine Kirchenstrafe haben, wie das z.B. beim Austritt aus der Kirche (aber nicht bei Scheidung ohne Wiederheirat!) der Fall sein könnte. Daher wird in der katholischen wie in den evangelischen Kirchen ein Nachweis für die Kirchenmitgliedschaft verlangt. In der Regel muss dann bei einer katholischen Taufe der Pate oder die Patin entsprechend katholisch oder bei einer evangelischen Taufe evangelisch sein. Es ist aber möglich, mehrere Paten zu haben, bei denen die Konfession nicht übereinstimmen muss.

Das alles sind formale Vorschriften, die sicherlich einen Erfahrungshintergrund haben und auch heute noch ihre Berechtigung haben mögen. Das Patenamt wurde im Brauchtum manchmal sehr auf das materielle verflacht oder sehr vordergründig familienpolitisch gehandhabt. Dennoch lässt sich aber die Frage, wer Pate/Patin sein kann, nicht so einfach nur formal beantworten. Wir haben keine Volkskirche mehr und der Kirchenbegriff ist selbst in Gegenden eines engeren Katholizismus oder Protestantismus weiter geworden. Die Vorstellung einer guten Lebensführung hat sich auch geändert. Eine "Geschiedene" muss noch lange nicht eine schlechte Frau oder gar eine schlechte Christin sein, auf die man mit Fingern zeigt, wie das früher oft der Fall war - entgegen dem Vorbild von Jesus, dem Guten Hirten, der bekanntlich mit öffentlichen Sündern und Sünderinnen Umgang hatte. Von einer Patin oder einem Paten müsste man nach den Erfordernissen unserer Zeit vielleicht heute erwarten, dass sie oder er Menschen sind, die zum interreligiösen Dialog fähig sind und den Mut haben, im Sinne Jesu gegen Inhumanität im Staat und in der Kirche ihre Meinung offen zu äußern. Wo waren sie alle, die frommen und kirchengenehmen Patinnen und Paten, und wo blieb ihr Vorbild christlicher Lebensführung, als in der Kristallnacht 1938 Juden misshandelt und getötet wurden? Und wo sind sie heute, wenn traumatisierte Flüchtlinge und ihre Kinder abgeschoben werden?

Aus Ihrer Mail kann man entnehmen, dass Sie den Vorfall nicht unmündig hinunterschlucken. Nur im Dialog der Glieder kann es im mystischen Leib Christi, in der Kirche, gesund weitergehen. Und: Auch Pfarrer sind in ihrem Hirtenamt lernfähig und der Heilige Geist, der dafür "zuständig" ist, kann nur lieben und exkommuniziert niemand. Gerade wenn es um das Amt der Patinnen und Paten geht, ist das offene Gespräch mit den Verwaltern der Sakramente notwendig.

Wir wünschen Ihnen dazu Mut und Geduld.
In der Hoffnung auf einen Frühling in der Kirche
Ihr Team von der Kirch am Eck


Am 5. November 2007 schrieb uns Frau Y. Z.:

Liebes Team von der Kirchameck,

danke für eure Mail.

Als ich meine Frage an euch stellte, schien mir die Antwort sehr wichtig. Das ist es jetzt nicht mehr.

Ich werde in Zukunft gleich reagieren: z. B. würde ich bei dem geschilderten Fall aufstehen und sagen, dass ich das mir nicht vorstellen kann und fragen, auf was die Antwort beruht usw.

Auch habe ich mich gefragt, was Kirche für mich bedeutet. Es ist sehr viel: die sichtbare, die unsichtbare Welt von meiner Kindheit zum Jetzt, eine große Spannweite, die mich bei dem Wort „Kirche“ im Endergebnis glücklich lächeln lässt. Das negativ Erlebte (und das war im Laufe der Zeit einiges) hat an Bedeutung verloren.

Danke auch für Eure Texte. Die Ausführung über den Humor habe ich meinem Sohn weitergemailt, der sie als Gedankenanstoß aufgenommen hat.

Viele Grüße

und danke


Am 23. November 2007 schrieb uns Frau Y. Z.:

Liebes Team von der Kirch am Eck,

nach meinem kurzen Dank letzte Woche möchte ich mich noch einmal melden.

Ich habe in euren Mails Rückhalt gefunden.

Es ist gut zu wissen, wie die kirchenrechtlichen Bestimmungen in Bezug Eheschließung und Taufpate sind. Ich werde bei nächster Gelegenheit mit dem Priester reden.

Viele Grüße

 

 



 


 
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