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FILM / Dokumentation über einen Jungen aus Kamerun

Kalter Tod fern der Heimat

Im Fahrwerksschacht eines Flugzeugs erfroren - Gemeinde pflegt seit Jahren Grab

Solomon Fusi heißt ein Junge aus Afrika, der vor knapp sechs Jahren am Hochrhein vom Himmel fiel. Er war blinder Passagier in einem Flugzeug. In Lauchringen ist der Schwarzafrikaner fern der Heimat begraben. Jetzt gibt es einen Dokumentarfilm über sein Schicksal.

DIETER FRAUENHEIM

LAUCHRINGEN - Das afrikanische Grab auf dem Friedhof der badischen Gemeinde Lauchringen im Kreis Waldshut versetzt fremde Besucher des kleinen Gottesackers immer wieder in Erstaunen. Beerdigt ist dort der Afrikaner Solomon Mforbei Fusi, gerade 15 Jahre alt geworden, ausgewiesen durch eine bei ihm gefundene Geburtsurkunde. Beim Landeanflug einer Swissair-Maschine auf den Flughafen Zürich-Kloten war sein steifgefrorener Körper beim Herausklappen des Fahrwerkes aus einem Schacht in ein Ährenfeld bei Lauchringen gefallen. Ein Spaziergänger fand im November 1998 die Leiche des schwarzen Jungen - 20 Zentimeter tief in den regennassen Boden gedrückt.

Über die Geschichte Solomons hat die Bremer Filmemacherin Ulrike Westermann in diesen Tagen eine Dokumentation von 52 Minuten Dauer für kommunale Kinos und einen Themenabend über blinde Passagiere im deutsch-französischen Kulturkanal Arte fertiggestellt. Dass der Afrikaner die nächsten 25 Jahre in einem Grab in Lauchringen ruhen kann, ist ausschließlich ein Verdienst des damaligen Bürgermeister Bertold Schmidt. "Er musste begraben werden. Doch niemand wollte die Leiche", erinnert er sich.

Gemeinsam mit dem katholischen Ortspfarrer organisierte Schmidt die ungewöhnliche Beerdigung auf Kosten der Gemeinde. In einem Grabstein aus afrikanischem Granit ist eine Karte von Afrika eingraviert und Kamerun besonders gekennzeichnet, damit jeder gleich weiß, woher der Tote kommt. Grabstein und Grab kosteten mehr als 7000 Mark. Mindestens 10 000 Mark hätte man für eine Überführung der Leiche in Solomons Heimatstadt Bamenda in Kamerun zahlen müssen. Das war für die Hinterbliebenen und die Gemeinde zu teuer. Eine anonyme Bestattung in einer Urne irgendwo in einer Ecke des Friedhofes lehnte der Bürgermeister ab.


Immer schön gepflegt ist das Grab von Salomon Fusi auf dem Friedhof in Lauchringen. Foto: Dieter Frauenheim

So kam es zur feierlichen Beerdigung in kleinem Kreis. "Die Gemeinde hat Solomon post mortem (nach dem Tode) sozusagen adoptiert", stellt Ulrike Westermann anerkennend fest. Ortspfarrer Klaus Groß hält es für richtig und angemessen, was geschehen ist. Das Grab wird von Frauen aus dem Ort regelmäßig gepflegt. Vor dem Grabstein brennen Kerzen in Windlichtern. Der Blumenschmuck wird ständig erneuert. ,,Wir haben dem Jungen ein Stück Heimat gegeben", sagt der Pfarrer. Er denkt aber auch, dass nicht jeder im Ort begeistert gewesen wäre, wäre Salomon lebend zu ihnen gekommen.

Westermann berichtet in ihrem Film über das Schicksal des jungen Afrikaners, dessen Traum von einem besseren Leben in Europa im Fahrwerkschacht eines Düsenjets endete. Er hatte die Freiheit im Ausland gesucht, weil ihm Armut und seine Rolle in der Familie nicht passten. Die Angehörigen haben inzwischen Frieden mit ihm geschlossen. Erde vom Grab in Lauchringen wurde nach Bamenda geholt.

Drei Jahre lang hat Ulrike Westermann für ihre Dokumentation mit dem Titel "Stärker als die Angst" recherchiert. Für sie war Salomon kein Wirtschaftsflüchtling: "Er war fast noch ein Kind und zahlte mit seinem Leben beim Versuch, der Perspektivlosigkeit in seiner Heimat zu entkommen."

 

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