Predigten

 

Predigt zur Fussball-WM 06
Phil 3, 9-10.12-14 1.7.2006
St. Michael, Tübingen (Martin Günter)

"Die Welt zu Gast bei Freunden" - unter diesem Motto feiert Deutschland zur Zeit ein großes Fest; seit Wochen ist das Fest in vollem Gange und bisher meistenteils friedlich verlaufen. Viel Begeisterung ist zu spüren und zu sehen; kaum einer kann sich diesem Fußballfest entziehen - und vielleicht sind Sie erstaunt, dass dieses Thema jetzt auch hier in der Kirche, in diesen Gottesdienst Einzug hält...

Der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Huber, hat es neulich in einer Predigt zur Eröffnung der WM sehr treffend auf den Punkt gebracht: "Fußball ist ein starkes Stück Leben." "Fußball ist ein starkes Stück Leben" - das ist der Grund, weshalb die Kirchen gut daran tun, sich auch dieser Lebenswirklichkeit von uns Menschen anzunehmen - eine Lebenswirklichkeit, die für viele große Bedeutung hat. Und tatsächlich glaube ich, dass wir auch für unser Christsein, für unser Leben als Gemeinde manch bedenkenswerten Anstoß vom Fußball profitieren können!

Dies fängt für mich schon bei dieser Begeisterung an, die wir gegenwärtig fast überall erleben: Wo sonst gibt es das, dass so viele verschiedene Menschen aus so vielen Nationen zusammenkommen, um miteinander ein riesiges Fest zu feiern? Die Tatsache, dass dies bis jetzt überwiegend friedlich, ohne große Ausschreitungen gelungen ist, zeigt mir, dass hier ganz offensichtlich ein guter Geist mit im Spiel ist - ein Geist, der zu Gastfreundschaft, gegenseitigem Respekt und Anerkennung der Leistung der Anderen animiert. Wenn es theologisch stimmt, dass Gottes Geist lebendig macht und lebenschaffend wirkt - was spricht dann dagegen, dies, was wir gegenwärtig erleben, dem Wirken des Heiligen Geistes zuzuschreiben?! Wo erleben wir sonst so viele Menschen, die gemeinsam "Feuer und Flamme sind"; wo erleben wir sonst so gebündelt gelebte Emotionen und Gefühle, die ohne Scheu voreinander gezeigt werden: Freude und Trauer, Hoffnung und Enttäuschung, Lachen und Weinen... Und so sehr ich mich darüber freue, so sehr frage ich gleichzeitig: Wo finden wir dies in unseren Kirchen, in unserer Gemeinde, die doch auch dem Leben der Menschen Raum geben wollen? Wo finden wir solche Begeisterung, solche Lebendigkeit in unserem Miteinander als Kirche, die doch den Anspruch hat, Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute zu teilen, wie es das Zweite Vatikanische Konzil ausdrücklich formuliert...?

"Fußball ist ein starkes Stück Leben" - das gilt auch für einige Grundregeln, die dort zu finden sind. Ein wichtiger Punkt ist für mich: Fußball ist ein Mannschaftsspiel! Beim Fußball ist einer auf den anderen angewiesen! Selbst der beste Spieler kann nicht ohne die anderen gewinnen; und ohne Mannschaftsgeist ist auf die Dauer Erfolg unmöglich! In diesem Miteinander gibt es klare Rollenverteilungen : Die Stürmer brauchen die Abwehrspieler, der Torwart ist auf gute Verteidiger angewiesen, der Torschütze braucht gute Vorgaben seiner Mitspieler; Trainer und Schiedsrichter haben ihre Aufgaben... Sie alle sind notwendig, sie alle haben ihre Berechtigung - jeder an seinem Platz!
Auch wir Christen sind aufeinander angewiesen - in unserem Glauben und Tun! "Ein Christ ist kein Christ" - lautet ein bekanntes Sprichwort. Gemeinsam sind wir das Volk Gottes, das miteinander unterwegs ist in dieser Zeit; gemeinsam sind wir berufen... Wir brauchen diese Gemeinschaft, um den eigenen Glauben miteinander feiern zu können, um gestärkt zu werden und andere zu stärken, evtl. auch korrigiert zu werden...
Und wir brauchen einander in der Gemeinde, um als solche leben zu können: "Ein Leib und viele Glieder" erinnert Paulus seine Gemeinde in Korinth und fügt noch hinzu: "Jedem ist die Gabe des Heiligen Geistes gegeben, damit sie anderen nützt!" Keiner allein kann alles tun, und nicht jede und jeder kann dasselbe tun! Es braucht viele Hände, jede und jeder gehört dazu, an seinem Platz, - nur so kann Gemeinde glaubhaft leben, glaubhaft Zeugnis geben.

Wo eine Gemeinschaft aufeinander angewiesen und miteinander unterwegs ist, gibt es Regeln, die beachtet werden müssen, damit das Miteinander gelingt. Im Fußball sind Fairness und Fairplay notwendig; auch hier muss es gerecht zugehen, sonst kann es kein gutes Spiel werden. Fairness und Fairplay sind aber nicht einfach organisierbar - selbst vom besten Schiedsrichter nicht - sondern sie sind eine Frage der inneren Einstellung! Gerade der Mannschaftssport ist ein wichtiges Übungsfeld für Fairness und Fairplay, die im ganzen Leben wichtige Formen unseres Umgangs miteinander sind! Der faire, gerechte Sportler wird die Persönlichkeit und die Leistung seines Mitspielers, besonders aber auch seines Gegenspielers respektieren; er weiß die Stärken des Anderen anzuerkennen, ihn wertzuschätzen, nicht zu unterschätzen..., egal, welche Hautfarbe, welche Nationalität und Herkunft er hat!
Auch dies ist für uns Christen in unserem Christsein, in unseren Gemeinden notwendig! Den Anderen wertschätzen, ihm etwas zutrauen, ihn als Menschen akzeptieren - nur so können wir als Kirche miteinander unterwegs sein und als Gemeinde glaubwürdig Zeugnis geben von dem, was uns trägt. Wahrnehmen, welche Begabungen und Fähigkeiten der Andere hat; ihn ins Spiel bringen, zum Zuge kommen lassen; Begabungen wecken und fördern - das alles ist unverzichtbar für die Lebendigkeit von Kirche. Gelingen kann dies in unseren Gemeinden da, wo es getragen ist von der tiefen Überzeugung, dass vor Gott alle gleich sind, gleich viel wert, gleich geliebt, unabhängig von Rasse, Herkunft und Stand.

Allerdings wird es in diesem Miteinander natürlich auch immer wieder Rückschläge geben - im Fußball wie in unseren Gemeinden. Wir alle kennen die Erfahrung, dass Manches bei allem Bemühen, bei aller Anstrengung, bei allem guten Willen eben manchmal doch nicht gelingt; wir alle erleben immer wieder, dass wir das Gelingen unseres Spiels, unseres Lebens und Glaubens eben letztlich nicht in unserer Hand haben...; das Gelingen wird uns von einem Anderen - von Gott geschenkt. Dass dies auch manche Fußballspieler sehr wohl wissen, kann man sehen, wenn sie sich am Anfang des Spiels oder beim Eingewechselt-Werden bekreuzigen; es wird deutlich, wenn sie nach einem Tor dankend die Hände in den Himmel strecken oder auf die Knie fallen und Hände und Blick nach oben richten...
Dem, was wir machen wollen und können sind einfach Grenzen gesetzt; nicht alles ist aus eigener Kraft, aus eigenem bemühen machbar - und das gilt auch für unseren Glauben! Sehr treffend drückt es Paulus in seinem Brief an die Philipper aus, als er über das Ziel seines Bemühens - ein Leben in Christus - schreibt:

12 Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin.
13 Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist.
14 Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt. (Phil 3, 12-14)

Paulus weiß: Den Glauben kann man nicht machen; die eigene Berufung kann man nicht in der Tasche haben - sie ist kein sicherer Besitz! Sich danach ausstrecken, sich darum mühen, das ja - aber letztlich ist und bleibt der Glaube und seine Vollendung immer Gottes Geschenk! Denn Stückwerk bleibt unser Tun - und sein Gelingen bleibt Gnade!

Und noch ein letzter Gedanke: Beim Fußball erfolgt der Anstoß immer in der Mitte... von ihr aus erfolgt der Anpfiff, aus ihr heraus beginnt jedes Spiel.
Wie ist das in unserem Leben, in unserem Christsein? Wissen wir, wo die eigene Mitte ist, als Individuum, das ich bin, als Christ, der ich sein will, als Gemeinde, zu der ich gehöre? Nehmen wir die Mitte in unserem Alltag wahr, die trägt - gerade auch in schwierigen Zeiten? Was ist mir wichtig, woher schöpfen wir Kraft?
Wenn wir als Christen in Gott verankert und verwurzelt sind - mit ihm unserTagewerk beginnen - dann finden wir festen Stand, auch mit schwierigen Situationen, mit Niederlagen umgehen zu können; dann stehen wir auf einem Fundament, das trägt und hält, auch wenn uns der Sturm ins Gesicht weht...

Fußball ist ein starkes Stück Leben... Bleiben wir begeistert miteinander am Ball! Amen.
Martin Günter
Pastoralreferent

Phil 3, 9-10.12-14

9 Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt.
10 Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen.
12 Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin.
13 Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist.
14 Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt.


Andacht in der Altentagespflege Huberstrasse am 29.6.06
Thema: "Anstößiges" aus der WM Phil 3, 9-10.12-14

Musikstück Hufeisen 2

Begrüßung und Eröffnung

Kyrie Aufeinander Angewiesen Sein/ Fairness/ Machbarkeit
Sich selbst als Mittelpunkt Eigener Vorteil Gelingen Geschenk
Gloria 265, 1-3 Nun lobet Gott im hohen Thron

Gebet

Lesung Phil 3, 9ff

Lied 621, 1-3 Ich steh vor Dir mit leeren Händen, Herr

Ansprache

Musikstück Hufeisen 1

Fürbitten 241 im Wechsel gesprochen

Vater unser

Segenslied 644, 1-4.7 Sonne der Gerechtigkeit

Segen

Schlußlied 266, 1-3 Nun danket alle Gott

Musikstück Hufeisen 9

 


 

 

Kirch am Eck
Predigten
Religiöse Fragen
Texte
Aktuelle Infos
Menschen in Not
Kirchenasyl
Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung
Für Sie gelesen
Humor
Französisches Viertel
Flohmarkt am Eck 
ohne Geld
Die Seite für Ausländer
Links
Chat
 Wir über uns

 

Webmaster