Fastenpredigt zu den
Kreuzwegstationen Jesus und die Frauen
in St. Michael am 12.3.2006 um 19.00 Uhr (Martin Günter)
Jesus begegnet seiner
Mutter – ein stummer Dialog, ohne Worte. Aber die Gestaltung
der Szene spricht Bände: Jesus und seine Mutter stehen sich
gegenüber, haben Abstand zueinander; keine Berührung,
keine Umarmung – sie sind auf Distanz dargestellt. Doch
diese Distanz bedeutet nicht Beziehungslosigkeit: Ihre Blicke
treffen sich – Blicke aus traurigen, aufgewühlten Gesichtern,
voller Emotionen und offenen Fragen, die eine tiefe Beziehung
widerspiegeln. Auch die Hände sprechen eine eigene Sprache:
Eine Hand Jesu und eine Hand Marias sind einander zugewandt, offen
füreinander, gerade so, als ob sie gleich ineinandergelegt
würden; die Haltung der Hände passt zueinander, sie
könnten sich ohne Veränderung berühren, einander
halten... Sie gehören zusammen. Doch auch hier bleibt ein
Abstand, bleibt Distanz: Die Hände Marias sind wie eine stumme
Frage Jesus entgegengehalten, sie fragen nach dem Warum, nach
dem Sinn, zeigen das Nichtverstehen des Geschehenden. Fragen,
die die rechte Hand Jesu aufzugreifen scheint, die auf sich selbst
gerichtet ist, wie um Wesentliches zu erklären. Gleichzeitig
scheinen die Hände Marias aber auch loszulassen, den Sohn
entgültig freizugeben in die Unabänderlichkeit dessen,
was kommt. Und gerade in diesem Losgelassen-Werden weiß
Jesus sich der Mutter verbunden, wendet sich seine Hand ihren
geöffneten Händen zu. Ein Dialog ohne Worte, im Spannungsfeld
zwischen Nähe und Distanz.
Die Begegnung Jesu mit seiner Mutter ist ohne ausdrückliche
biblische Grundlage in den Kreuzweg aufgenommen worden; in den
Evangelien findet sich kein Beleg dafür. Und doch liegt eine
solche letzte Begegnung vor der Hinrichtung dem Empfinden des
Kreuzwegbetrachters nahe, zumal Maria im Johannesevangelium ausdrücklich
als unter dem Kreuz stehend genannt wird; und auch die Weissagung
des greisen Simeon, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen
werden - dass er ein Zeichen ist, dem widersprochen wird - und
dass Maria ein Schwert durch die Seele dringen werde, sehen sich
hier erfüllt.
Eine solche Begegnung am Kreuzweg verdichtet in einer Szene den
Lebensweg, den Maria mit Jesus gegangen ist. Dass dies kein leichter
Weg war, liegt auf der Hand: Die außergewöhnliche Empfängnis
und ihre Konsequenzen für eine junge, unverheiratete Frau
im damaligen Israel; die Geburt unter schwierigen, widrigen Umständen
in einer fremden Stadt; die Verfolgung und Flucht nach Ägypten;
die Ablehnung seines öffentlichen Wirkens durch Viele, gerade
auch in der eigenen Heimatstadt; die Zurechtweisungen, die Maria
bei der Hochzeit zu Kaana und beim Versuch, ihn wieder zurück
zu holen, erfahren musste; und schließlich die Gefangennahme,
die Verurteilung und nun das schreckliche Schicksal, das ihn erwartete.
All dies verdichtet sich nochmals in dieser einen Szene der Begegnung
am Kreuzweg, die nicht ohne Grund in den Passionsspielen des Mittelalters
entfaltet wurde und von dort aus in die Kreuzwegstationen gelangte.
Maria, die mater dolorosa,
die schmerzensreiche Mutter, das Sinnbild für alle Mütter
der Verstoßenen, der Entrechteten, der Missbrauchten und
Geschändeten, der Verurteilten, der Gefolterten, und der
Ermordeten unserer Weltgeschichte; Maria, die mater dolorosa all
derer, die ihre Kinder in die Freiheit entlassen müssen,
die eigene Erwartungen und Pläne enttäuscht sehen, die
schmerzhaft erfahren, was Loslassen heißt; Maria, die mater
dolorosa für uns alle, die wir uns trotz größter
Nähe einander immer auch fremd bleiben. „Frage die
Liebenden, ob sie das wahrhaben wollen! Nein! werden sie sagen.
Bei uns ist das nicht so. Wir verstehen einander. Wir sind ein
Herz und eine Seele! – Und doch ist es nicht so! In jeder
Begegnung ist Abschied“ – so formuliert es der Psychologe
Alexander Mitscherlich. Bei aller Vertrautheit liegt immer auch
etwas Trennendes zwischen uns Liebenden.
Maria musste das früh erfahren. Als sie bei Ihrer Abreise
aus Jerusalem den 12-jährigen Jesus vermisste und ihn nach
langem Suchen im Tempel bei den Gelehrten fand, warf sie ihm vor:
„Dein Vater und ich haben Dich mit Schmerzen gesucht.“
Sie hatten ihn gefunden, um ihn im gleichen Augenblick wieder
zu verlieren: „Wusstet Ihr nicht, dass ich in dem sein muss,
was meinem Vater gehört?“ Diese Antwort lässt
ahnen, dass die Heimatstadt Nazareth nur eine Zwischenstation
auf einem ganz anderen Weg war.
Aber gerade im Loslassen
hat Maria ihren Sohn wieder neu gefunden. Das zeigen v.a. die
Darstellungen der Pieta, in der Maria den hingerichteten Sohn
uns auf ihrem Schoß entgegenhält - die Wundmale Jesu
uns zugewandt. Denn durch seine Wunden sind wir geheilt. Durch
Trauer und Schmerz hindurch ist Gottes Heil geworden... Dieses
Neu-Erkennen, diese Verbundenheit im Loslassen, im Geschehenlassen
zeigt sich in den Händen von Maria und Jesus auch in unserem
Kreuzwegbild. In dieser Geste spiegelt sich die Erfahrung, dass
die Entdeckung des Andersartigen uns neu auf den Weg zueinander
bringt – so, wie sich Maria immer wieder neu auf den Weg
gemacht hat, ihrem Sohn zu folgen, bei allem Unverständlichen
ihm doch immer wieder nahe zu sein, ihn immer wieder mit neuen
Augen zu sehen. Und für diesen Abschied der Mutter von ihrem
Sohn gilt, dass er geht, um allen eine Wohnung zu bereiten: Eine
Wohnung, in der Fremdheit und Vertrautheit miteinander versöhnt
sein werden.
Das Schweißtuch der Veronika. Sie steht da, das Tuch mit
dem Antlitz des Gemarterten in den Händen. Aber ihr Blick
ist nicht auf das Tuch gerichtet; mit halboffenem Mund blickt
sie nach vorn auf den Boden, überrascht und sprachlos. Ihr
Blick ist nicht zielgerichtet – er geht ins Leere, sie steht
da, in sich selbst versunken. Offenbar hat sie gerade eben das
Tuch zurückbekommen. Nun steht sie da, überrascht, was
sie sich getraut hat, überrascht, was sie bekommen hat, überrascht,
was diese kurze Begegnung in ihr ausgelöst hat. Erschüttert,
tief bewegt schaut sie vor sich hin – wie jemand, der das,
was geschehen ist, noch nicht begreifen kann, jemand der Zeit
braucht, das Erlebte erst einmal mit Kopf und Herz nachzuvollziehen.
Sie ist mit sich und der Situation alleine...
Eine andere Frau steht zwar nahe bei ihr, hat sich aber abgewandt,
ihr den Rücken zugedreht, die Hände vors Gesicht geschlagen.
Ob sie den Anblick des Geschundenen nicht mehr ertragen konnte?
Ob sie das Leiden dieses Menschen nicht mehr sehen wollte? Im
Unterschied zu ihr zeigt Veronika, ihr Gesicht – ein Gesicht,
das widerspiegelt, dass sie nach dieser Begegnung nicht mehr dieselbe
sein wird; dass mit ihr etwas geschehen ist, sich bei ihr etwas
verwandelt hat...
Auch für diese
Station des Kreuzwegs gibt es keine biblische Grundlage; in den
Evangelien ist die Begegnung zwischen Jesus und Veronika nirgends
erwähnt. Frühchristliche Legenden erzählten später
von einem Maler, der Jesus malen wollte, weil sich ein schwer
kranker König vom Blick auf das Antlitz Jesu Heilung erhoffte.
Als er aber das Bild nicht malen konnte, da eine so große
Lichtfülle vom Gesicht Jesu ausging, habe Jesus ein Tuch
genommen, damit sein Gesicht bedeckt und es dem Maler mitgegeben
– die früheste Legende vom wahren Antlitz Jesu, von
einer nicht von Menschenhänden gemalten Ikone des Gottessohnes.
Eine zweite Wurzel der Veronika-Überlieferung liegt möglicherweise
in einer anderen frühchristlichen Schrift, welche die von
Jesus geheilte blutflüssige Frau mit dem Namen Beronike identifiziert.
Sie habe während der Verhandlung vor Pilatus unter Hinweis
auf ihre Heilung Partei für ihn ergriffen. In der lateinischen
Übersetzung dieser Schrift erhielt die Frau den Namen Veronika.
Beide Traditionen haben sich dann wohl gegenseitig beeinflusst
und wurden im Zuge der Überlieferung durch die mittelalterlichen
Passionsspiele miteinander vermischt. Begünstigt wurde diese
Entwicklung auch dadurch, dass im mittelalterlichen Latein das
Wort „veronica“ selbst „wahrhaftiges Abbild“
bedeutet. Vielleicht hat die mittelalterliche Frömmigkeit
auch die ganze Brutalität des Kreuzweges Jesu nicht ausgehalten,
ohne dem Herrn wenigstens eine freiwillig helfende Hand zur Seite
zu stellen?
Wie auch immer die
Überlieferung letztlich entstanden sein mag – die Begegnung
mit Veronika auf dem Kreuzweg Jesu gehört sicher zu den anrührendsten
Heiligenlegenden, die es gibt.
Veronika hält
sich nicht heraus aus dem Leid; anders als die anderen Zuschauer
greift sie ein, ohne an sich und die möglichen Folgen zu
denken. Ihr Mitleid hält sie nicht in hilflosem Schmerz gefangen,
drängt sie nicht zum Wegschauen, Sich-Abwenden, sondern bewegt
sie zum Handeln, hat Konsequenzen. Sie reicht dem Gemarterten
ein Tuch, mit dem er sich Schweiß, Staub und Blut vom geschundenen
Gesicht wischen kann. Eine kleine, helfende Geste – und
in ihr zeigt sich das wahre Antlitz Jesu. In ihrem Tun wird Jesu
Wesen sichtbar. Überall da, wo es Menschen Veronika gleichtun,
wo sie anderen selbstlos und ohne Eigennutz helfen, wird das Antlitz
Jesu erkennbar. Überall da, wo wir Menschen uns für
den Nächsten einsetzen, zeigt sich, wer dieser Jesus wirklich
ist – damals wie heute.
Veronika ließ sich treffen – mitten ins Herz. Sie
hat sich dem Schmerz und dem Leid dessen gestellt, dem sie begegnet
ist, und hat in den Augen des Geschundenen statt Hass eine Liebe
entdeckt, die größer ist als alles Leid: Gottes Liebe,
die selbst die Brutalität der Menschen nicht zugrunde richten
kann. Sie hat der Gerechtigkeit ins geschundene Antlitz geschaut
und darin Gottes Liebe erkannt. Sie weiß nun: Weil diese
Liebe bis in die Tiefen von Leid und Tod reicht, wird Veronika
im Angesicht der Geschundenen und Erniedrigten Gott immer wieder
finden können.
Nicht nur das Schweißtuch
hat sich in dieser einen Begegnung verändert, sondern auch
Veronika selbst. Sie, die in einer kleinen Geste selbstlos gegeben
hat, ist selbst zur Beschenkten geworden. Die Begegnung mit dem
Gemarterten hat ihr Augen und Herz geöffnet.
Veronika - Das wahrhaftige Abbild. Eindrücklicher kann das
Zentrum unseres Glaubens nicht ausgedrückt werden als in
dieser Legende.
Jesus begegnet den
weinenden Frauen von Jerusalem. Drei Frauen mit ihren Kindern.
Ernste, traurige Gesichter; das Mitleid steht ihnen ins Gesicht
geschrieben. Zwei der Frauen blicken nach vorne, auf den Geschundenen
und seine Henker. Entsetzen, Schmerz und Mitgefühl drücken
sich in ihren Mienen aus. Die mittlere Frau blickt zu uns –
ein Blick voller Traurigkeit, aber auch voller Hilflosigkeit.
Um die Frauen herum spielen Kinder, auch ihre Gesichter sind ernst
und erschrocken. Als Zuschauer mitgenommen zu einem grausamen
Schauspiel, können sie nicht begreifen, was da geschieht.
Die Kinder blicken nicht auf den Gemarterten, sie schauen in andere
Richtungen, lenken sich ab; sie schützen sich im Versteckspiel
um den Rock der Mutter vor dem grässlichen Spektakel. Und
doch spüren sie, dass hier etwas Grauenhaftes geschieht,
sind überfordert mit dem, was sie wahrnehmen. Wie um all
das abzuwehren, hebt das vordere Kind schützend den Arm in
die Höhe.
Keine gaffende, sensationslüsterne Gruppe – Frauen
und Kinder, aufgewühlt und überwältigt von dem
Leid, das sich vor ihren Augen ereignet.
Jesus begegnet den
weinenden Frauen von Jerusalem. Die einzige unserer drei Kreuzwegstationen,
die ausdrücklich in der Bibel erwähnt wird. Beim Evangelisten
Lukas heißt es (Lk 23, 26-31):
26 Als sie Jesus
hinausführten, ergriffen sie einen Mann aus Zyrene namens
Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit
er es hinter Jesus hertrage.
27 Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen,
die um ihn klagten und weinten.
28 Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Ihr Frauen von Jerusalem,
weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!
29 Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die
unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben.
30 Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns!, und zu den
Hügeln: Deckt uns zu!
31 Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird
dann erst mit dem dürren werden?
Keine tröstenden
– eher harte Worte an die weinenden Frauen. Jesus ermahnt
sie, nicht um ihn, sondern um sich selbst und die eigenen Kinder
zu weinen angesichts dessen, was kommen wird. Und wie einer der
alttestamentlichen Propheten kündigt er das drohende Unheil
an: Wenn das vor ihren Augen nun schon mit einem gerechten, gottesfürchtigen
Menschen geschieht – bildlich gesprochen dem grünen
Holz, - wie wird es dann erst dem dürren ergehen, sprich
all den Ungerechten, die gesündigt haben? Das kommende Unheil
wird so furchtbar werden, dass die unfruchtbaren Frauen sich freuen,
nie geboren zu haben, und die Lebenden werden sich wünschen,
dass ihnen durch niederstürzende Berge ein schneller Tod
geschenkt werde. Nein, Jesus tröstet sie nicht – im
Gegenteil, er ermahnt sie mit drastischen Bildern, nicht auf ihn,
sondern auf sich selbst ihren Blick zu richten. Will er sie warnen?
Hat er die Hoffnung, wenn sie und die Jerusalemer ihr Verhalten
ändern, könnte das drohende Unheil noch abgewendet werden?
Oder ist das Kommende unabwendbar, so, wie es dann tatsächlich
im Jahre 70 mit dem Blutbad der Zerstörung Jerusalems und
des Tempels durch die Römer gekommen ist?
Jesus macht deutlich,
dass es mit Mitleid allein nicht getan ist. Auch wenn wir betroffen
sind von fremdem Leid, ändert sich daran noch nichts. Er
lenkt den Blick der Frauen und damit auch unseren Blick auf das
eigene Selbst, auf mich und mein Leben. Mitleid empfinden ist
noch nicht wirkliches Mitleiden, das Konsequenzen hat und mich
– wie Veronika – im Inneren verändert. Es geht
um mehr als bloßes Betroffensein. Wie oft hören wir
bei all den Katastrophen in unserer Welt von Betroffenheit –
und es geschieht sonst nichts. Tränen sind kein Ersatz für
Hilfe und Veränderung, erst recht nicht für Glaube und
Nachfolge. Wirkliches Mitleiden mit Jesus erfordert Selbsterkenntnis,
ein Wahrnehmen der eigenen Anteile an eigenem wie fremdem Leid;
wirkliches Mitleiden erfordert Bereitschaft zu Umkehr, zu Stellungnahme
und Konsequenzen im Tun. Deshalb ermahnt er die Frauen, in ihrer
Trauer nicht auf ihn, sondern auf sich selbst zu blicken, sich
selbst und die eigene Situation wahrzunehmen; es geht um eine
Trauer, die den Mut findet, nach geweinten Tränen einen anderen,
einen neuen Weg zu sich selbst und zu Anderen zu suchen.
Jesus ermahnt uns,
angesichts der Aktualität der Passion in unserer Welt unsere
Rolle zu wählen. In den vielfältigen Leidensgeschichten
auf unserer Erde stehen die Rollen stets neu zur Disposition –
nur die Rolle des Opfers ist bereits vergeben: Das Opfer ist stets
er.
Da gibt’s den, der seiner eigenen Angst davonläuft;
da gibt’s den, der sich seine Hände in Unschuld wäscht;
da gibt’s die, die beleidigt ist,
da gibt’s die, die sich geschickt heraushält,
da gibt’s die, die Leiden verursachen,
da gibt’s die, die neugierig, sensationslüstern die
Köpfe vorstrecken,
da gibt’s den, der Verrat übt,
da gibt’s den, der verleugnet,
da gibt’s die, die spottet,
da gibt’s die, die helfend und lindernd eingreift.
Welche Rolle werden wir, werde ich wählen?
Fürbitten:
Herr, Jesus Christus,
betrachtend stehen wir an den Stationen Deines Kreuzwegs; wir
wollen den Weg mitgehen, um seine Botschaft an uns zu verstehen,
um Dir in unserem Leben nachfolgen zu können.
Wir bitten Dich:
Hilf uns, in unserem
Leben Loslassen zu können: Erwartungen, Vorstellungen, Überzeugungen,
die unsere Offenheit für Deine Wege behindern.
Gib uns die Fähigkeit,
im Mitmenschen auch das uns Fremde zu akzeptieren und die Bereitschaft,
ihn dadurch immer wieder neu zu entdecken.
Laß uns Dein
wahres Antlitz im Antlitz der Geschundenen und Entrechteten dieser
Welt erkennen.
Schenke uns den Mut,
da helfend einzugreifen, wo wir es können – auch wenn
es oft nur kleine Gesten sind.
Bewahre uns davor,
es bei bloßem Mitleid zu belassen, und gib uns den Mut zu
Selbsterkenntnis und Veränderung.
Wecke uns immer wieder
auf mit Deiner Botschaft und stärke uns, damit wir die nötigen
Schritte auf unseren Wegen der Nachfolge gehen.
Herr, Jesus Christus,
durch Deine Wunden sind wir geheilt. Dafür danken wir Dir,
heute und alle Tage. Amen.
Eröffnung, Begrüßung,
Einführung:
Im Namen des Vaters, ....
Ihnen allen ein herzliches
Willkommen zur Fastenpredigt. Ausgewählte Kreuzwegstationen
sind das Thema unserer diesjährigen Predigtreihe; heute abend
stehen 3 Stationen im Mittelpunkt unserer Betrachtung, an denen
Jesus Frauen auf seinem Kreuzweg begegnet: Maria, seiner Mutter
– Veronika, die ihm ein Schweißtuch reicht –
und den weinenden Frauen von Jerusalem.
Auf seinem ganzen Lebensweg ist Jesus in besonderer, für
die damalige Zeit aufsehenerregender Weise Frauen begegnet –
und so ist es nur konsequent, dass solche Begegnungen auch auf
seinem letzten Wegstück geschehen, auch wenn wir für
zwei der Stationen keine biblische Grundlagen finden. Manchmal
fügt das feine Gespür der Volksfrömmigkeit, aus
der die Praxis der Kreuzwegandacht entstanden ist, den verbindlichen,
offiziellen Texten überaus bedenkenswerte und erhellende
Zeugnisse des Glaubens hinzu.
Einiges von diesen
Glaubenszeugnissen möchte ich mit Ihnen heute abend anhand
von 3 Bildern erschließen, die aus der Kath. Seminarkirche
St. Michael in Würzburg stammen. Der Künstler Heinrich
Gerhard Bücker hat den dortigen Kreuzweg Ende der 80er Jahre
des 20. Jh. geschaffen; seine ausdrucksstarken, plastischen Reliefbilder
aus Alabasterstuck laden ein, das eigene Leben, die eigenen Erfahrungen
mit der Welt und ihren Menschen vom Weg Jesu her zu betrachten
– ein Weg, der Leid und Tod nicht ausspart, sondern durch
sie hindurch zur