Ansprache
zum missio Sonntag am 7./8.02.2009 in St. Pankratius, Bühl-Kilchberg,
St. Michael, Tübingen (Florian Kopp)
Liebe Schwestern und
Brüder!
Um diese Zeit vor vier
Jahren habe ich nicht hier in Tübingen gefroren, sondern hatte
gerade Weihnachten bei tropischen Temperaturen unter dem Mangobaum
verbracht. Ein Jahr war ich in Uganda mit dem Weltkirchlichen Friedensdienst
des BDKJs unserer Diözese.
Mein Name ist Florian Kopp und ich studiere seit meiner Rückkehr
hier in Tübingen Geoökologie.
Immer wieder werde ich, wenn es um meinen Freiwilligendienst geht,
gefragt "Und, - was hast Du dort unten gemacht?" Nun ja
- gemacht? Ich habe an zwei Schulen unterrichtet; Mathe und Physik.
Jedoch erlebt - erlebt habe ich viel!
Je länger der Dienst für mich zurückliegt umso klarer
wird mir das Ausreisemotto unserer Partner, der Missionarinnen und
Missionare auf Zeit:
Mitleben - Mitbeten -
Mitarbeiten
Wichtig mir ist die Betonung
auf "mit" und die Reihenfolge - Leben, Leben zuerst.
Uns Freiwilligen des Weltkirchlichen Friedensdienst ist die Möglichkeit
geschenkt worden, das Alltagsleben in Afrika, Lateinamerika und
Asien selbst näher zu erfahren.
Im Königreich Bunyoro in Uganda wurde ich als 13. Kind in eine
afrikanische Familie aufgenommen. Mein ugandischer Vater gab mir
den Namen Amooti. Am nächsten Tag schickte mich Mutter mit
den Ziegen auf die Weide.
In dem Versuch mit den
Menschen auf Augenhöhe zu leben, habe ich diesen missionarischen
Dienst verstanden. Wenn wir Mission nicht mehr als Einbahnstraße
sehen, können wir hier viel lernen von unseren Brüdern
und Schwestern auf anderen Kontinenten.
Eine Sache, die mich in meiner Zeit in Uganda sehr beeindruckte
war die Verankerung des Glaubens im Alltag: Auf der Fahrt in die
Hauptstadt Kampala musste ich immer über das Schild schmunzeln,
worauf stand: "Gottgegebener Tag-und Nacht-Parkplatz".
Wir könnten uns auch etwas abschneiden von der Lebensfreude
der Menschen, wie sie im Gottesdienst in Form von Gesang, Trommeln
und Tanz zum Ausdruck kommt.
Wenn Mission Austausch
wird, müssen wir Europäer viele Denkschablonen ablegen
- damit dieser Austausch auch tatsächlich wechselseitig ist.
Auf dieses Bild von Partnerschaft baut eine zukunftsfähige
Weltkirche. Aber ich bin auch der Meinung, dass nur im Dialog auf
Augenhöhe politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit gelingt.
Gut, könnte man sagen, dann lass uns doch auch mal hier in
Deutschland voll Lebensfreude trommeln, dann haben wir unsere Verpflichtungen
in diesem Austausch erfüllt. So leicht ist es nicht.
In Uganda und vielen anderen Teilen der Welt herrscht Armut. Viele
ugandische Kinder hatten keine Kindheit, da sie als Soldaten zwangsrekrutiert
wurden und töten mussten. Ehemaligen Kindersoldaten hilft unter
anderem missio bei der Bewältigung ihrer schlimmen Erfahrungen.
missio befasst sich auch mit dem Thema AIDS - hier und in den armen
Regionen der Welt. AIDS ist auch ein Problem in Uganda. Uganda gelang
es jedoch die HIV-Neuinfektionsrate über das letzte Jahrzehnt
hinweg kontinuierlich zu senken. Dies ist uns erst letztes Jahr
in Deutschland gelungen. - Natürlich auf unterschiedlichen
Niveaus. Weltweit sieht die Situation weitaus schlechter aus: Einige
Kenner sehen die AIDS-Pandemie als eine weitaus größere
Gefährdung der globalen Sicherheit als den islamistischen Terrorismus.
Krieg, AIDS, Armut -
diese haben sicherlich alle interne Faktoren. Jedoch gibt es viele
Einflüsse von außen, die schlechte Lebensbedingungen
bewirken.
Das sind Stellschrauben, an denen auch wir hier drehen können,
und wie ich finde auch müssen.
Jesus heilte viele Menschen, wie im Evangelium gehört. Jesus
Christus war ganz da für die Kranken, Geschwächten und
Bedürftigen seiner Zeit.
Wenn wir heute Jesus folgen wollen
- Zu wem würde er
sich heute wenden? Ginge er nicht zu den Marginalisierten unserer
Gesellschaft, wie auch zu den an den Rand gedrängten unserer
Globalgesellschaft?
Ich möchte ein paar Möglichkeiten ansprechen, was ich
mir vorstelle, wie wir uns trotz Tausender Kilometer Distanz den
Menschen zuwenden können.
Ihre Gemeinde hat ein Projekt in Sambia, welches Frauen, die von
den Auswirkungen von AIDS betroffen sind, unterstützt. Das
finde ich super und sehr wichtig! Meinen Beobachtungen nach trägt
die Frau in Afrika die Hauptlast der Gesellschaft. Wenn den Frauen
Möglichkeiten geschaffen werden und ihre Rechte geltend gemacht
werden, so ist meine Hoffnung, wird sich vieles Gutes entwickeln.
In einem Monat ist Weltfrauentag. Der achte März ist Feiertag
in Uganda. Ich fragte eine befreundete Uganderin, was denn die Frauen
an diesem Tag machen? "Nichts", antwortete sie, "sie
lassen die Arbeit ruhen". Ich schlug die Hände über
dem Kopf zusammen: Hoffentlich nicht! dann bricht ja alles zusammen:
Keiner sorgt sich um die Kinder, keiner bestellt das Feld, keiner
kocht das Essen für die Familie, keiner verkauft Früchte
auf dem Markt
Ein Faktor, der auf das
Leben der Menschen in Entwicklungsländer wirkt, ist der globale
Handel. Somit kann ich auch in Deutschland durch ein bewusstes Einkaufen
Zeichen setzen, dass ich Ausbeutung und ungerechte Handelsstrukturen
nicht dulde.
Ich kann neben verantwortungsvollem Konsumieren auch meine Rolle
als Bürger in einem demokratischen System ausfüllen. Fragen
Sie einmal nach, wer wirklich für was steht bei den anstehenden
Kommunal-, Europa- und Bundestagswahlen.
Konkret sehe ich es auch als wichtig an, sich politisch wie privat
gegen den Klimawandel einzusetzen. Wieso? - Ein Beispiel: Ugandas
Hauptexportgut ist Kaffee. Eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur
um wenige Grade macht Kaffeeanbau nicht mehr möglich! - ein
Desaster für alle Kaffeebauern in Uganda.
Aber auch wer nicht wählen kann, kann sich stark machen für
die Belange der Menschen in Entwicklungsländern. Die Eine Welt
Gruppe des BDKJs gestaltet zusammen mit MISEREOR die Auftaktveranstaltung
zur Fastenaktion, die in 3 Wochen in Stuttgart stattfindet. In den
letzten Jahren ging es der Einen Welt Gruppe um AIDS, Kindersoldaten,
G8 und im letzten Jahr um den Kritischen Konsum. Dieses Jahr behandeln
wir das Thema Wasser - und seine globalen Zusammenhänge. Wer
seinen virtuellen Wasserverbrauch wissen möchte oder hören
möchte wie in Burkina Faso Wasser als Grundlage für Frieden
dient - und nicht als Konfliktstoff - der ist herzlich eingeladen!
Amiina.