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Predigt
in St. Michael am Sonntag den 31. Januar 2010
(Martina Fuchs)
Evangelium: Lk 4, 21-30.
Liebe Gemeinde,
"heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt."
Dieser Satz ist die Mitte des Abschnitts über die Ablehnung Jesu
in seiner Heimat. Lukas stellt sie in seinem Evangelium an den Anfang
des öffentlichen Wirkens und wir haben sie in zwei Teilen am vergangenen
Sonntag und heute gehört.
Führen wir uns die ganze
Szene noch einmal vor Augen: Jesus kehrt nach seiner Taufe und der Zeit
der Versuchung in der Wüste in seine Heimat zurück und geht
als frommer Jude am Sabbat in die Synagoge. Er liest die Stelle aus dem
Buch Jesaja vor, wo es heißt: "Der Geist des Herrn ruht auf
mir, denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den
Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn
ausrufe." Und dann sagt Jesus diesen entscheidenden Satz: "Heute
hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt."
Diese Rede findet zunächst
bei seinen Zuhörern Beifall, sie staunen über ihn. Und sie stellen
sich gleich darauf die Frage: Kann denn das sein? Das ist doch der Sohn
Josefs! Den kennen wir doch von klein auf. Der war doch bisher ganz normal!
Und dieser sagt nun von sich, er sei der Gesalbte Gottes, der Messias.
Um an seine Heilkraft glauben zu können, wollen sie sehen, dass er
die Kranken heilt, so wie er es in Kafarnaum getan hatte. Ein Wunder würde
ihn legitimieren. Und genau das fordern die Leute. Die Predigt allein
reicht ihnen nicht. Jesus beschränkt sich aber darauf und fordert
so die Entscheidung seiner Zuhörer, ihren Schritt zum Glauben. Gleichzeitig
macht er die sprichwörtlich gewordene Aussage, dass kein Prophet
in seiner Heimat anerkannt wird. Das ruft die Empörung seiner Zuhörer
hervor. Diese wird noch stärker, als Jesus auf Elija und Elischa
verweist, die von Gott nicht nur zu den gläubigen Juden gesandt wurden,
sondern auch zu Heiden, und die eben bei Heiden im Auftrag Gottes wirken
konnten, weil sie dort Glauben gefunden hatten. Diese Rede Jesu klingt
in den Ohren der Gemeinde offenbar wie ein einziger Vorwurf. Die Empörung
der Leute steigert sich zur Wut, und sie wollen Jesus umbringen. Jesus
aber geht weg.
Liebe Gemeinde,
"heute hat sich das Schriftwort,
das ihr eben gehört habt, erfüllt". Dieses Wort ist auch
uns heute gesagt. Auch für uns bricht das Heil hier und heute an.
Das zu glauben, fällt sicher nicht immer leicht, gerade wenn es in
unserem persönlichen Leben und in den Ereignissen in der Welt so
anders aussieht. Wenn wir merken, dass wir mehr von inneren und äußeren
Zwängen bestimmt sind, als Befreiung zu erfahren. Wenn in Zeiten
der Krankheit von Heil und Heilung wenig zu spüren ist. Wenn die
Nachrichten mehr von Unterdrückung und Folter berichten als von Entlassung
der Gefangenen.
Und wie die Menschen damals in Nazaret, so sind auch wir heute dann vielleicht
versucht, um das Wunder zu bitten, danach zu flehen, dass sich das Heil
in seiner ganzen Fülle zeigt, am besten jetzt sofort. Dann fiele
es uns leichter, der Zusage Jesu zu glauben. Und dann würden wir
genauso reagieren wie die Menschen in Nazaret. Es braucht also genauso
wie damals unseren Glauben, unser vertrauensvolles Ja.
"Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt."
Das Heil bricht an. Auch wenn auf den ersten Blick alles dagegen spricht.
Amen.
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