Predigten
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Musikalischer Gottesdienst zur Übergabe des Umweltzertifikates "Grüner Gockel" Invokavit (Landesbußtag) 29.2.04 - EberhardsgemeindePredigt: Röm 5, 1-5 Liebe Gemeinde! In dieser
Woche berichtete die amerikanische Zeitung "Observer" von
einer bisher unbeachteten Studie, in der einflussreiche Mitarbeiter
des Pentagon vor den Folgen globaler Klimaveränderungen schon in
den nächsten 20 Jahren warnen. Kriege, auch Nuklearkriege, um Wasser
und Rohstoffe, Naturkatastrophen, Hunger, Krankheiten seien Auswirkungen
des Klimawandels, die bald in allen Lebensbereichen spürbar sein
werden und eine größere Bedrohung für die Menschen darstellten
als der Terrorismus. Das Erstaunliche an diesem Papier ist der Absender.
Studien und Warnungen hat es schon viele gegeben, aber nicht aus Regierungskreisen
der Vereinigten Staaten. Das Kioto-Protokoll zur Verringerung der Treibhausgase
von 1997 hat die USA nicht unterschrieben. Präsident Bush hat bisher
geleugnet, dass es überhaupt Klimaveränderungen gibt. Und
nun meint eine Studie des amerikanischen Verteidigungsministeriums,
sich auf kriegerische Folgen der Klimaveränderung einstellen zu
müssen. Unbestritten ist, dass die Bewohner und Bewohnerinnen der
USA, Europas und Australiens durch ihre Lebensweise und durch den Grad
der Industrialisierung hauptverantwortlich für die globale Umweltzerstörung
sind. Leidtragende der Folgen - Überschwemmungen, Trockenperioden
und Krankheiten - sind allerdings zuerst die Bewohner und Bewohnerinnen
der südlichen Welthalbkugel. Liebe Gemeinde! Heute, im
Anschluss an diesen Gottesdienst, wird der Eberhardsgemeinde der "Grüne
Gockel" überreicht, ein Zertifikat der Landeskirche, mit dem
Gemeinden ausgezeichnet werden, die durch Energiesparmaßnahmen
aktiv zum Umweltschutz beitragen und das Umweltbewusstsein der Mitarbeitenden
und der Gemeindeglieder stärken. Wir sind stolz darauf, die Prüfung
durch den Beauftragten der Kirchenleitung bestanden zu haben. Aber angesichts
der geschilderten Bedrohung unseres Jahrhunderts kommen einem unsere
Bemühungen um Energiesparen so klein vor. Sind sie angesichts der
Zerstörung, die tagtäglich auf diesem Planeten von Menschen
angerichtet wird, nicht weniger als ein Tropfen auf dem heißen
Stein? Kommen die Kirchen mit dem Aufruf zur "Bewahrung der Schöpfung"
und mit dem Umweltaudit nicht zu spät? Wäre es für uns
nicht leichter wegzusehen und sich dem Alltag zuzuwenden, der seine
eigenen Sorgen und Nöte hat? So wie die Menschen in Jerusalem zur
Zeit des Propheten Jesaja: "Lasset uns essen und trinken, denn
morgen sind wir tot." (Jes 22,13) Gibt es denn noch Hoffnung
auf Veränderung? Sehen wir auf das heutige
Evangelium. Es ist überschrieben: "Der Friede mit Gott als
Grundlage der Hoffnung" Röm 5, 1-55 Liebe Gemeinde! Ist das eine
Antwort? Ist das nicht pure Vertröstung? Sich der Bedrängnis
rühmen, weil sie Geduld bringt? Geduld, das kommende Elend hier
auf der Erde auszuhalten, um dann auf eine zukünftige, jenseitige
Herrlichkeit hoffen zu können? Kann eine solche Hoffnung verändern?
Hat sie nicht diese Welt, Gottes Schöpfung, nicht schon aufgegeben?
Schauen wir genauer hin: Paulus spricht von Bedrängnis. Es können
unterschiedliche Dinge sein, die Menschen bedrängen oder bedrücken,
traurig oder verzweifelt machen: Trauer um einen lieben Menschen, Angst
vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, aber auch die Angst vor den Folgen
des schon jetzt sichtbaren Klimawandels und der Umweltzerstörung,
die uns die Luft zum Atmen nimmt. Im Kapitel zuvor stellt Paulus
Abraham als Vorbild im Glauben dar. Er schreibt: "Abraham ist
sein Glaube, sein Vertrauen auf Gottes Verheißung zur Gerechtigkeit
gerechnet worden." Abraham glaubte Gott und tat, was er sagte.
Er verließ seine Heimat Ur in Chaldäa und zog in eine ungewisse
Zukunft. So haben wir es in der Schriftlesung gehört. Doch auch
Abraham kannte den Zweifel. Er und seine Frau Sara waren alt und hatten
keine Kinder. Wie sollte da wahr werden, was Gott ihm gleich zu beginn
verheißen hatte: "Ich will dich zu einem großen Volk
machen"? Da ließ Gott ihn hinausgehen bei Nacht. Abraham
sah die unzähligen Sterne am Nachthimmel: "So zahlreich sollen
deine Nachkommen sein!" sprach Gott - und Abraham glaubte dem Herrn.
Abraham glaubte an ein Leben seiner Nachkommen in einem verheißenen
Land, in dem Milch und Honig fließt, in dem alle genug zu essen
und zu trinken haben werden. Liebe Gemeinde! Können
Menschen heute so glauben, wie Abraham geglaubt hat? Wollen sie es überhaupt?
An ein verheißenes Land, in dem Milch und Honig fließt -
für die nachfolgenden Generationen? Abraham dachte an seine noch
nicht geborenen Kinder und Kinderkinder. Und wir Menschen heute? Wir
haben unsere Kinder und Kindeskinder vor Augen - und wissen: sauberes
Wasser zum Trinken und gute Luft zum Atmen wird knapp werden. Doch wir
machen uns nicht auf den Weg wie Abraham...Wollen wir, können wir
glauben an den, der diese Welt einmal als Paradiesgarten geschaffen
hat, als einen Garten, in dem die Menschen sich nur die Früchte
von den Bäumen holen konnten, ohne Mühe, ohne Arbeit? Der
dachte, so wäre es gut für Mensch und Tier? Können wir
glauben an diesen Gott, der möchte, dass die Menschen leben in
einer Welt, in dem es Wasser gibt für alle, die durstig sind, und
Wein und Milch umsonst? So wie Abraham? Ja, sagt Paulus. Wir dürfen
glauben und hoffen wie Abraham. Sein Glaube wurde ihm zur Gerechtigkeit
angerechnet. Und auch wir sind gerecht vor Gott. Auch wir haben Frieden
mit Gott - durch unseren Herrn Jesus Christus. "Durch ihn haben
wir den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen." Wie geht
das? Jesus von Nazareth durchbrach
Schranken zwischen Völkern und Klassen und Geschlechtern. Er ging
zum ausgestoßenen Aussätzigen, zum reichen Zöllner,
zur andersgläubigen Samaritanerin und zur blutflüssigen Frau.
Er aß mit ihnen, redete mit ihnen und heilte sie. Das gefiel nicht
allen. Die Passionszeit hat begonnen und wir denken an diesen letzten,
schweren Teil seines Weges auf Erden. Ihm war Bedrängnis genauso
wenig fremd wie Paulus oder Abraham. Er ging seinen Weg bis zum gewaltsamen
Tod. Aber er blieb nicht im Tod. Der Auferstandene sagte seinen Jüngern:
"Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker und lehret
sie halten alles, was ich euch befohlen habe..." Und obwohl das
alles ohne uns geschehen ist - niemand von uns war dabei - ist es für
uns geschehen. Obwohl wir damals noch Gott-lose waren, hat er uns zu
Gottes Kindern gemacht. Durch ihn haben wir Frieden mit Gott. Weil Jesus
das alles durchgetragen hat: Bedrängnis (verfolgt durch Aristokratie
und Militär), Geduld (mit den Freunden, die nicht begreifen wollten),
Bewährung (in Gethsemane: "Lass diesen Kelch an mir vorübergehen,
aber nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe..."), deshalb
können wir hoffen auf Gottes Verheißung wie Abraham, auf
Gottes Herrlichkeit, nicht nur die zukünftige (dies Wort hat der
Übersetzer Martin Luther da eingeschmuggelt).Schon jetzt ist die
Herrlichkeit Gottes offenbar: Sie ist offenbar, wo das Paradiesische
von Gottes Schöpfung durch unseren Wohlstandsmüll hervorlugt.
Sie ist offenbar, wo Menschen sich lieben. Sie ist offenbar in Leben,
Sterben und Auferstehung Jesu Christi. Und sie wird gänzlich offenbar
werden an seinem Tag, wenn Friede und Gerechtigkeit sich küssen,
wenn Milch und Honig fließen werden für alle, wenn Schwerter
verwandelt werden in Pflugscharen. Darauf richtet sich die Hoffnung,
von der Paulus spricht: Hoffnung, die nicht vertröstet, sondern
Geduld gibt in scheinbar aussichtslosen Situationen, Hoffnung, die sich
bewährt in einer Welt, die blind zu sein scheint für die Wunder
der Schöpfung, und droht, an den toten Dingen, die sie produziert,
zu kollabieren. Hoffnung, die uns treibt zu den Bedrängten dieser
Welt, zu denen, die niemand mehr braucht, weil sie krank oder arm alt
sind, ausgeschieden aus dem nicht endenden Produktionsprozess. Hoffnung,
die Geduld bringt auch für kleine Schritte zum Schutz der Umwelt. Liebe Gemeinde! Heute ist
Landesbußtag. Es war kein bewusster Akt, aber vielleicht ein Wink
des Himmels, dass wir gerade heute am Landesbußtag den Grünen
Gockel überreicht bekommen. So können wir ihn auch als ein
Zeichen der Umkehr verstehen. Wir erinnern uns: Da krähte der Hahn
... und Petrus fing an zu weinen....Aber gleichzeitig auch als Zeichen
der Hoffnung, dass es nicht so weitergehen muss. "Hoffnung lässt
nicht zugrunde gehen, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere
Herzen..." So endet unser heutiges Evangelium aus dem Römerbrief.
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