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Predigt zu Lk 5, 1-11 - 5. So. i.J. C 7./8.2.2004

Liebe Gemeinde,

"nichts ist unmöglich" - mit diesem Slogan wirbt ein bekannter japanischer Autohersteller für seine Produkte. "Nichts ist unmöglich" - eine Kampagne, die schon einige Jahre läuft und offenbar sehr erfolgreich ist; ein Motto, das den Eindruck vermittelt, dass bei diesen Fahrzeugen der technischen Entwicklung und dem Komfort keine Grenzen gesetzt sind; alles ist machbar - das soll hier suggeriert werden, die Erfüllung der Ansprüche und Wünsche sind garantiert.
Warum diese Werbung so erfolgreich ist, weiß ich nicht genau; so richtig glauben wird sie ja wohl niemand...?! Allerdings spricht sie in uns Menschen eine Sehnsucht an, die viel tiefer geht als es auf den ersten Blick scheint: Wie schön wäre es, wenn wir tatsächlich - nicht nur im Blick auf unsere Autos - alles "machen" könnten, was für uns wünschenswert ist? Wie gut wäre es, wenn wir die Dinge unseres Lebens in den Griff bekämen, wenn wir unsere Ziele 1:1 umsetzen könnten, wenn uns unserer Dasein so gelänge, wie wir es uns vorstellen...! "Nichts ist unmöglich" - ja, dieser Slogan trifft uns in unserer Grundsehnsucht nach dem Gelingen unseres Alltags, unseres Lebens; er rührt uns an in unserem Sehnen nach verlässlichem, weil machbarem Glück. Tatsächlich des eigenen Glückes Schmied sein - wer wollte das nicht?

Unsere alltäglichen Erfahrungen sehen dagegen oft ganz anders aus - vergleichbar mit denen der Fischer im heutigen Evangelium: "Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen". Mit dieser ernüchternden Feststellung des Simon Petrus befinden wir uns wieder auf dem Boden der Realitäten. Ja, das kennen auch wir nur allzu gut, dass wir uns manchmal mit ganzer Kraft um etwas bemühen, und es uns dann eben doch nicht gelingt; dass wir uns anstrengen, das uns Mögliche geben - und dann kommt es beim besten Willen doch anders, als erhofft. Da hat wohl jede und jeder von uns sein ganz persönliches Päckchen von Enttäuschungen und Niederlagen zu tragen... und manchmal taucht dann auch die Frage auf, ob nicht alles umsonst war, ob es nicht besser ist, aufzugeben, ob es noch Sinn macht, sich um etwas weiter zu bemühen...

"Doch wenn Du es sagst, werde ich die Netze auswerfen" - so reagiert Petrus auf die Aufforderung Jesu, es noch einmal zu versuchen. Erstaunlich, diese Reaktion - wider besseres Wissen, wider alle Erfahrung der vergangenen Nacht; jedem Fischer ist klar, dass Fische am helllichten Tag noch weniger ins Netz gehen als in der Dunkelheit. Und doch: "Wenn Du es sagst..." - auf dein Wort hin!

Liebe Gemeinde,
mich beeindruckt dieses Vertrauen, das Simon Petrus da dem ihm noch fremden Jesus entgegenbringt! Mich bewegt die sofortige, bedingungslose Bereitschaft, noch einmal alle Kraft zu investieren, es noch einmal zu versuchen, trotz aller Müdigkeit, trotz der Enttäuschung, trotz aller Erfahrung der Vergeblichkeit! "Doch wenn Du es sagst, werde ich die Netze auswerfen." Was muß da in der Begegnung zwischen beiden geschehen sein, dass Petrus so vertraut?
Worauf vertrauen wir in solchen Situationen, wenn wir mit unserem Latein am Ende sind und wieder einmal erkennen müssen, daß manches Bemühen vergeblich ist? Was kann uns da motivieren, was gibt uns wieder neue Kraft? Auf wen oder auf was bauen wir? Was hilft uns, an solch entscheidenden Wegmarken Orientierung zu finden?

Simon Petrus vertraut - und das Wunder geschieht. "...sie fingen eine so große Menge Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten (...) und gemeinsam füllten sie beide Boote bis zum Rand"...
Also doch: "Nichts ist unmöglich"? Wohl schon, aber ganz anders, als von schlauen Werbetextern ausgedacht. Nicht die eigenen Ressourcen stehen hier im Vordergrund, sondern das letztlich unerklärbare Vertrauen, zu dem Petrus in der Begegnung mit Jesus gefunden hat - ein Vertrauen, von dem Menschen bis heute immer wieder im Laufe ihrer Geschichte mit Gott ergriffen wurden und werden: Nicht die eigenen Fähigkeiten, nicht die eigene Leistung, nicht das Verlassen auf sich selbst, sondern das Sich Anvertrauen ermöglicht das Wunder; keine Selbstüberwindung, kein selbständiges Mobilisieren der letzte Kräfte, sondern das Bauen auf Gott als den tragenden Grund des Lebens eröffnet neue Möglichkeiten.

Ich hoffe, dass wir alle nicht nur die Vergeblichkeit mancher Bemühungen, sondern selbst auch schon solche unerwarteten Wendungen wie Simon Petrus erfahren haben: Wenn sich plötzlich die Lösung eines Problems abzeichnet, das lange festgefahren war; wenn Menschen mit Schicksalsschlägen neu leben lernen, wo es für sie keine Perspektiven mehr gab; wenn Versöhnung möglich wird, wo die Gräben unüberwindlich schienen... Oft geschieht solches erst dann, wenn wir selbst loslassen können, wenn wir vertrauen, es Ihm übergeben können... "Doch wenn Du es sagst..." - ja, auf Dein Wort hin!

Aber obwohl er losgelassen und vertrauen hat, steht Petrus am Ende unseres Evangeliums nicht als strahlender Gewinner da. "Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder" - bekennt er Jesus. Der unerwartete Fischfang verändert auch etwas in ihm selbst; er läßt ihn erkennen, wie wenig er bisher Gott wirklich zugetraut hat, und wie wankelmütig sein Glaube noch ist. Und doch hört er gerade in dieser Selbsterkenntnis das Wort: "Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen".... in meinem Namen Menschen gewinnen für Gott! Petrus erfährt schließlich an sich selbst, wie sehr das Vertrauen, das er in Gott und Gott in ihn setzt, verwandeln kann und ihm neue Lebensmöglichkeiten eröffnet; und er wird auf seinen Fischzügen immer wieder erleben, dass er untergeht, wenn er nur auf den Sturm und die Wellen schaut; aber dass er Halt findet, dass er bestehen kann, wenn er auf Jesus sieht und seine Hand ergreift!
"Und als sie das taten, fingen sie eine grosse Menge Fische!"

Liebe Gemeinde,
"nichts ist unmöglich?"
Die Beurteilung dieses Satzes hängt für mich entscheidend davon ab, aus welcher Grundhaltung heraus wir ihn betrachten: Aus der Haltung übersteigerter Machbarkeitsfantasien, die letztlich alles für menschenmöglich erklärt, oder aus der Haltung des Glaubens, die Gott mehr zutraut, als wir für möglich erachten. Dieses Zusammenspiel zwischen Vertrauen und Gott gewähren lassen hat die Dichterin Hilde Domin in einem kurzen Gedicht sehr treffend zum Ausdruck gebracht:

Nicht müde werden,
sondern dem Wunder
- leise, wie einem Vogel -
die Hand hinhalten.

Schöner könnte man - denke ich - die Botschaft des heutigen Evangeliums nicht in Worte fassen:

Nicht müde werden,
sondern dem Wunder
- leise, wie einem Vogel - die Hand hinhalten. Amen.


Einführung

Glück und Erfolg - wer von uns sehnte sich nicht danach? Natürlich wünscht sich jede und jeder von uns möglichst viele Momente, in denen er solches erfahren kann; sie sind die highlights unseres Lebens, die es für uns schön und lebenswert machen.
Allerdings wissen wir genauso, dass es auch immer wieder gegenteilige Erfahrungen gibt, daß auch Momente des Scheiterns und der Vergeblichkeit unvermeidlich zu unserem menschlichen Leben gehören... und weil dem so ist, kommen auch diese Erfahrungen in der Bibel zur Sprache; tröstlich, daß gerade sie es sind, in denen und durch die hindurch Gott wirkt, Situationen verwandelt und neue Perspektiven eröffnet.

Kyrie
Herr, Jesus Christus, wir sehnen uns nach Glück und Heil, erleben aber oft auch Leid und Schmerz.

Wir wünschen uns Hoffnung und Zuversicht, doch oft gelingt es uns nicht, Dir zu vertrauen.

Du willst, daß wir das Leben haben und es in Fülle haben; begleite Du uns durch die Höhen und Tiefen unserer Tage.

Fürbitten

Herr, Jesus Christus, Du hast dich auf Deinem Weg durch Enttäuschungen nicht beirren lassen. Wir bitten Dich:

Für alle, die die Vergeblichkeit ihres Bemühens schmerzvoll erfahren: Laß sie Deine Nähe spüren und hilf ihnen, neu zu vertrauen.

Für alle, die Erfolg haben und Glück genießen können: Bewahre sie vor Überheblichkeit und laß sie sensibel bleiben für die Sorgen ihrer Mitmenschen.

Für alle, die sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen: Schenke ihnen Mut und Fantasie und laß ihr Tun gelingen.

Für unsere Verstorbenen: Nimm sie auf in die vollendete Gemeinschaft mit Dir und laß sie leben in Deinem Licht.

Herr, Jesus Christus, Du bist uns nahe in den Höhen und Tiefen unseres Lebens. Dafür danken wir Dir, heute und alle Tage. Amen.

 

   

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