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Predigt
am
30./31.5.04 (Pfingsten)
in St. Michael
Alles neu macht der ... Mai.
So sagt es der Volksmund. Und da trifft es sich ja ganz gut, dass wir
gerade noch in ihm sind, im Monat der Neuerungen. Denn nicht nur er
allein macht so manches neu, sondern das große Fest, das wir an
diesem Wochenende feiern, bringt ja auch so manches Neue mit sich. Denn
alles neu macht auch der Heilige Geist, den die Jünger an diesem
Pfingstfest empfangen.
Obwohl das Fest an sich ja nicht neu ist, Pentecoste, das Erntefest,
haben auch die Juden gefeiert. Aber das, was sich da für die Jünger
verändert, das ist das Neue.
Denn vom Hlg. Geist völlig überwältigt, hält es
sie nicht mehr in ihrem Haus, genauer gesagt in ihrem Versteck. Nach
den Ereignissen um Ostern und nach der Himmelfahrt wird berichtet, dass
sie sich ständig in Jerusalem in einem Obergemach aufhielten. Im
gemeinsamen Gebet finden sie Gemeinschaft und Stärkung. Aber als
der Geist auf sie niederkommt, hält es sie nicht mehr nur in dieser
eingeschworenen Gemeinschaft. Voller Begeisterung machen sie sich auf
zu den vielen Menschen, die zum Feiern in der Stadt sind. Und es findet
statt: die Geburtsstunde unserer Kirche.
All das nun, liebe Schwestern
und Brüder, was mir zu diesem Ereignis eingefallen ist, das, was
es mir und uns heute sagen kann, das möchte ich heute auch einmal
auf neue, andere Weise mitteilen. In der Vorbereitung bin ich nämlich
auf ein sogenanntes neues geistliches Lied gestoßen, das Sie wohl
auch alle kennen, weil wir es öfters gemeinsam singen. Und der
Text dieses Liedes passt so gut zu meinen Gedanken, dass ich dachte,
dass es doch auch mal eine schöne Abwechslung wäre, wenn uns
heute dieses Lied begleitet. Deshalb gehen wir nun so vor, dass wir
immer gemeinsam den Refrain, eine Strophe und wieder den Refrain singen.
Dann sage ich etwas zu dieser Strophe und dann singen wir wieder Refrain,
2. Strophe, Refrain, ich sag wieder was usw., bis wir die 4 Strophen
durch haben und dann ist's gut. Besonders gelungen wäre die Sache
natürlich, wenn Sie heute einmal wieder ganz bewusst den Text beachten,
weil es um den ja geht.
Singt dem Herrn alle
Völker und Rassen. Tag für tag verkündet sein Heil.
1. Singt als wär es zum ersten Mal, singt in allen Sprachen und
Tönen. Singt und ruft seinen Namen aus. Singt dem Herrn...
"Singt und ruft seinen
Namen aus", genau das tun die Jünger an Pfingsten. Sie erzählen
von Gottes großen Taten, sie verkünden sein Heil, das sie
in den letzten Tagen so hautnah erlebt haben. Nach Tod und Enttäuschung
neues Leben und die Gewissheit: Es ist nicht alles aus! Dann intensive
Begegnungen mit dem Auferstanden, seine Himmelfahrt und nun die versprochene
Sendung des Geistes. Dadurch erfahren sie neue Kraft und den Mut, all
das Erlebte nicht für sich zu behalten, sondern rauszugehen davon
zu erzählen. Und zwar "allen Völkern und Rassen",
weil der Geist ihnen die Gabe schenkt, in fremden Sprachen zu reden.
Lk nennt uns mit den vielen Völkern die Bewohner der gesamten damals
bekannten Welt. Keiner wird von diesem wunderbaren Geschehen ausgeschlossen.
Und die Jünger tun dies hier wirklich "zum ersten Mal".
Aber bestimmt nicht zum letzten. Denn die Sache zieht Kreise und geht
weiter, bis heute. Und deshalb sind auch wir aufgerufen, weiterzuerzählen,
von den Heilstaten Gottes damals, aber auch davon, was Gott heute noch,
in unserem eigenen Leben vollbringt. Und auch wir sollen es so tun,
als wäre es das erste Mal, d.h. also mit derselben Be-Geist-erung
wie die Jünger damals.
Singt dem Herrn alle
Völker und Rassen. Tag für tag verkündet sein Heil.
2. Werdet nicht müde, von ihm zu sprechen, von seiner verborgenen
Gegenwart in allem, was lebt und geschieht. Singt dem Herrn...
Nicht nachlassen sollen wir
von Gott zu erzählen. Und dazu scheint es laut Liedtext genügend
Anlässe zu geben. Gott ist in allem, "was lebt und geschieht".
Aber nur wer versucht, mit den Augen des Glaubens zu sehen, kann ihn
entdecken. Viele Menschen bestreiten heute allerdings solch eine andere
Wirklichkeit. Und gerade weil es immer mehr Menschen werden, die die
"verborgene Gegenwart" nicht mehr sehen können oder wollen,
ist es umso wichtiger, dass wir nicht müde werden, die Dimension
des Glaubens in diese Welt hineinzutragen. Leicht gesagt, aber mit der
Umsetzung sieht es da schon ganz anders aus - das wissen wir, so denke
ich, alle. Und gerade für solche Situationen, in denen es auf unser
persönliches Zeugnis ankommt, auch wenn wir in der Minderheit sind,
gerade dafür brauchen wir auch heute den Geist, der uns wie den
Jüngern damals den Mut schenkt, von unseren Erfahrungen im Glauben
zu erzählen.
Und das müssen keine großen Wunder sein, aber ich denke,
jedem von uns fallen da doch kleine Dinge, Situationen, Ereignisse ein,
in denen wir etwas von seiner verborgenen Gegenwart spüren durften.
Trauen wir uns, anderen davon mitzuteilen, Tag für Tag.
Singt dem Herrn alle
Völker und Rassen. Tag für tag verkündet sein Heil.
3. Sucht neue Worte, das Wort zu verkünden, neue Gedanken, es
auszudenken, damit alle Menschen die Botschaft hör'n. Singt dem
Herrn...
Die Jünger haben es
geschafft, am Pfingsttag viele Menschen anzusprechen, weil sie ihre
Sprache gesprochen haben. Ich möchte dieses Bild gerne übertragen,
auf die vielen Sprachen, die Menschen heute sprechen. Und damit meine
ich eben nicht die Sprachen der Völker, die Worte, die zu übersetzen
wären, sondern ich spreche von den verschiedenen Wellenlängen,
die die vielen unterschiedlichen Menschen allein in unserer Gesellschaft
haben. Die Rede von der individualisierten und pluralen Gesellschaft
kennen Sie, denke ich, alle. Und allen diesen unterschiedlichen Menschen
sollen wir auch heute noch das Evangelium, die Frohe Botschaft unseres
christlichen Glaubens verkünden. Und um diese schwere Aufgabe heute
zu meistern, stimme ich dem Lied vollkommen zu, wenn es "neue Worte"
und "neue Gedanken" zur Verkündigung fordert. Ich denke,
es genügt nicht mehr, wenn wir nur noch eine Sprache sprechen.
Es gibt eben mittlerweile Menschen mit ganz unterschiedlichen Zugängen
und Bindungen zu Religion und Kirche. Das können wir bedauern,
aber es ist ein Fakt. Die einen etwa sind noch relativ fest in unserem
christlichen Glauben verwurzelt. Und sie können auch noch etwas
anfangen mit der Art von Liturgie, wie wir sie hier gerade feiern. Dazu
würde ich viele von uns hier zählen, auch wenn es die verschiedensten
Gründe sind, die uns hierher geführt haben. Aber irgendwie
scheinen wir alle noch etwas mit dieser Form, unserem Glauben einen
Ausdruck zu geben, etwas anfangen zu können. Wir verstehen - mehr
oder weniger - was hier abläuft und wovon die Rede ist. Damit stellen
wir aber nur einen Teil der Gesellschaft dar. Da sind eben auch die
Menschen, die vielleicht noch auf der Suche sind, die vielleicht auch
noch nicht so recht wissen, in welche Richtung es gehen soll. Zumindest
aber sind sie offen für religiöse Fragen.
Und dann gibt es natürlich auch diejenigen, die gar nichts mit
der ganzen Sache anfangen können.
Und gerade für die beiden zuletzt genannten Gruppen finde ich es
unerlässlich, dass wir neue Worte finden, um das, was unseren Glauben
ausmacht, anders zu sagen. Wir brauchen dazu meiner Meinung nach eine
andere Sprache, andere Formen von Liturgie, um Menschen, die mit den
traditionellen Worten und Formen nichts mehr anfangen können, ansprechen
zu können. Und um sie dann auch in diese Formen, die ja alle wichtig
sind und die ich auch unter keinen Umständen abschaffen will, langsam
einzuführen.
Wie gesagt, ich will das, was in unseren Gemeinden läuft, keineswegs
schlecht machen oder als alten Zopf darstellen, den es abzuschneiden
gilt, gar nicht. Aber ich möchte den Blick öffnen und weiten
für Menschen, die eine andere Sprache brauchen. Und es gibt diesbezüglich
ja auch schon einige Ansätze, neue Gottesdienstformen, neue Ansätze
in der Jugendarbeit etwa in Richtung Schulpastoral und einiges mehr.
Und ehrlich gesagt finde ich es gerade in einer solchen Situation wie
der derzeitigen dann wenig hilfreich, wenn aus den oberen Reihen unserer
Kirche die eintönige Stimme immer noch lauter wird, und immer noch
weiter versucht, eine Einheit zu schaffen, die meiner Meinung nach gerade
das Gegenteil dessen bewirkt, was sie vielleicht ja beabsichtigt, nämlich
Menschen im Glauben zu begleiten. Manchmal frage ich mich wirklich,
ob der Hlg. Geist in der Feder dessen sitzt, der da solche engen und
strengen Erlasse verfasst.
Ich glaube daran, dass es den Geist gibt und dass er seit Pfingsten
in unserer Kirche wirkt. Nur wo er wirkt, da bin ich mir manchmal nicht
so sicher. Aber zum Glück gibt es solche Bibelstellen, wie die
gehörte aus dem Römerbrief: "Wir haben nicht einen Geist
empfangen, der uns zu Sklaven macht, sondern einen, der uns die Freiheit
der Kinder Gottes schenkt." In dieser Freiheit sollten wir offen
auf alle Menschen zugehen. Und ihnen mit neuen Worten die frohe Botschaft
verkünden. Denn darin lebt meiner Meinung nach der Geist und darin
liegt die Zukunft.
Singt dem Herrn alle
Völker und Rassen. Tag für tag verkündet sein Heil.
4. Laßt Gott groß sein und betet ihn an. Er ist mehr als
Wort und Gedanke. Sagt es allen, er ist der Herr. Singt dem Herrn...
Alles, was ich bisher ausgeführt
habe, hatte viel mit reden, mit verkünden und weitersagen zu tun.
Und ich finde es durchaus wichtig, dass wir auch einen kognitiven Zugang
zum Glauben haben, eben damit wir Menschen, die uns fragen, was unseren
Glauben denn ausmacht, Rede und Antwort stehen können. So wie es
wahrscheinlich auch die Jünger ab jenem Ereignis in Jerusalem immer
wieder tun mussten. Wie viele Diskussion hat etwa der Apostel Paulus
auf seinen Reisen geführt! Und auch in den vielen gesellschaftlichen
Diskussionen unserer heutigen Zeit finde ich es unerlässlich, dass
wir unsere christlichen Argumente einbringen.
Aber darauf allein darf sich unser Glaube nicht beschränken. Denn
ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand allein aus intellektuellen
Gründen Christ ist, oder weil er von jemandem mit guten Argumenten
davon überzeugt wurde. Das kann am Anfang der Begegnung stehen.
Aber gerade das macht den Glauben ja aus, dass wir irgendwann an einen
Punkt gelangen, an dem die Worte und Gedanken ausgedient haben und an
dem das eigentliche beginnt: das Glauben. An einen Gott, der größer
ist als unsere Gedankenkonstrukte, den wir in keinem Bild be-greifbar
machen können. Aber mit dem wir Beziehung haben können. Und
zwar eine ganz persönliche. Wir können zu ihm beten, in der
Stille auf ihn hören, wir können gemeinsam zu ihm singen und
seine Gegenwart in der Liturgie feiern. Und wir können auch so
bzw. gerade so den Menschen sagen, bzw. vorleben: er ist der Herr. Nichts
anderes haben die Jünger an Pfingsten mit Hilfe des Hlg. Geistes
getan, der uns auch heute noch beisteht und ermutigt, damit wir Neues
wagen können. AMEN
Fürbitten
Zu Gott, unsrem Herrn, der
uns seinen Geist gesandt hat, beten wir:
Für alle, die in ihren
Sprachen das Evangelium verkünden.
Für alle, die sich auf das Wirken des Heiligen Geistes verlassen.
Für alle, die nicht mehr zu begeistern sind.
Antwortruf
Für alle, für die
ihre Taufe Geschenk und Auftrag zugleich ist.
Für alle, die versuchen, nach dem Geist Jesu zu leben.
Für alle, die nicht glauben können.
Antwortruf
Für alle, denen prophetische
Gaben geschenkt sind.
Für alle, die Unbequemes deutlich zum Ausdruck bringen.
Für alle, die Klartext reden, gelegen oder ungelegen.
Antwortruf
Für alle, die verfeindete
Parteien an einen Tisch bringen.
Für alle, die sich mühen, Konflikte zu lösen.
Für alle kleinen und großen Friedensengel dieser Welt.
Antwortruf
Für alle, die mutig
in die Zukunft blicken.
Für alle, die Veränderungen in der Kirche positiv begleiten.
Für alle, die ihren Glauben nach ihren Möglichkeiten weitertragen.
Antwortruf
Für sie alle bitten
wir dich, allmächtiger Gott. Und sende den Tröster, deinen
Heiligen Geist, zu unseren Kranken. Vollende unsere Toten und ermuntere
uns auf unseren Wegen. Jetzt und alle Zeit, die uns geschenkt ist, bis
zu unserer Ewigkeit. AMEN
Fürbitten
Zu Gott, unsrem Herrn, der
uns seinen Geist gesandt hat, beten wir:
Für alle, die in ihren
Sprachen das Evangelium verkünden.
Für alle, die sich auf das Wirken des Heiligen Geistes verlassen.
Für alle, die nicht mehr zu begeistern sind.
Sende uns deinen Geist.
Alle: Sende uns deinen Geist.
Für alle, für die
ihre Taufe Geschenk und Auftrag zugleich ist.
Für alle, die versuchen, nach dem Geist Jesu zu leben.
Für alle, die nicht glauben können.
Sende uns deinen Geist.
Alle: Sende uns deinen Geist.
Für alle, denen prophetische
Gaben geschenkt sind.
Für alle, die Unbequemes deutlich zum Ausdruck bringen.
Für alle, die Klartext reden, gelegen oder ungelegen.
Sende uns deinen Geist.
Alle: Sende uns deinen Geist.
Für alle, die verfeindete
Parteien an einen Tisch bringen.
Für alle, die sich mühen, Konflikte zu lösen.
Für alle kleinen und großen Friedensengel dieser Welt.
Sende uns deinen Geist.
Alle: Sende uns deinen Geist.
Für alle, die mutig
in die Zukunft blicken.
Für alle, die Veränderungen in der Kirche positiv begleiten.
Für alle, die ihren Glauben nach ihren Möglichkeiten weitertragen.
Sende uns deinen Geist.
Alle: Sende uns deinen Geist.
Für sie alle bitten
wir dich, allmächtiger Gott. Und sende den Tröster, deinen
Heiligen Geist, zu unseren Kranken. Vollende unsere Toten und ermuntere
uns auf unseren Wegen. Jetzt und alle Zeit, die uns geschenkt ist, bis
zu unserer Ewigkeit. AMEN
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