Predigten

 

Predigt beim Gottesdienst zum 50jährigen Professjubiläum,
18. September 2004 in St. Michael, Tübingen

Liebe Gemeinde, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Gäste!


Ich freue mich, dass so viele liebe Menschen mit mir heute das 50 jährige Professjubiläum mitfeiern wollen!

Für mich ist es immer noch wie ein Traum!

Alle Menschen haben eine Berufung: jeder mit einem eigenen Weg und eigener Geschichte.
Aber Gott nimmt sich die Freiheit und ruft und vereinnahmt ausschließlich für sich wen und wann er will.
Nach welchen Kriterien Gott die Auswahl trifft ist wirklich ein Geheimnis. Gott durchbricht jede menschliche Vorstellung!

Ich kann hier nur für mich sprechen!

Für mein Jubiläum habe ich die Sonne ausgewählt:

Sicher hat dies mit meiner 1. Liebe zu tun Wie ein Magnet haben mich mit 16 Jahren die Lichtstrahlen angezogen - eingekreist - und bis heute konnte ich dieselben in mir nicht mehr löschen.

In sämtlichen Geschäften in Tübingen, in Rottenburg und Salzburg habe ich vergebens nach meiner Sonne gesucht - in einem Katalog fand ich dann endlich die Gnadensonne von dem Künstler Andreas Felger! (s. Karte!)

Das was ich innerlich erfahre, kann für mich nur die Sonne ausdrücken.
Die Mitte, das Zentrum, der innerste Kern der Sonne bringe ich in Verbindung mit Gott: Gott als Ursprung, als Quelle allen Lichts, das Licht, das jedem Menschen innewohnt, ob er es weiß oder nicht, ob er es wahrhaben will oder nicht.
Das Licht, welches bis in die verlassensten und dunkelsten Winkel dieser Welt hineinströmt, und die ganze Welt, das Universum durchleuchtet!
Ein herrliches Bild!
Auch die schlimmsten Ereignisse in dieser Welt, so finster und grausam sie sein mögen, können das Licht nicht aufhalten- für uns ist dies unerklärlich- unverständlich!

Ich lade Euch ein, einfach mal die Augen zu schließen und diesem Licht im tiefsten Innern nachzuspüren...(Pause)

Es ist Gott, der in uns lebt, der uns erleuchtet, der uns seine Nähe, seine Zuneigung spüren lässt und alles Dunkle in uns mit seinem Licht durchströmt.- ohne jegliche Gegenleistung - umsonst -.

Dieser Sonnenball fasziniert mich!...von Jugend auf spüre ich ihn lebendig in mir!

Es war aber nicht immer so -besonders in früheren Jahren meines Ordenlebens habe ich oft dieses Licht in mir verdrängt - verdunkelt - ich wollte es nicht wahrnehmen - ich wollte fliehen - die bunte Welt draußen mit den verlockenden Angeboten schmeichelte mir!
Was will dieser Gott von mir? Gerade von mir? Könnte er nicht noch einige Jahre warten?
Könnte er nicht andere vereinnahmen, die sicher besser sind als ich?

Unzufriedenheit, Zweifel, Schwächen und Versagen haben mich auf lange Zeit hin beherrscht, aber Gott hat nicht losgelassen!
Ich suchte Auswege, Rechtfertigungen für mein Verhalten in der Flucht vor Gott. Ja, ich blätterte in der Bibel, um Entschuldigungen für mich zu finden. Vergebens!
Stattdessen verfolgten mich markante Sätze wie :

"Das Licht leuchtet in der Finsternis " bei Johannes - oder: bei Paulus im Römerbrief:
"Die gesamte Schöpfung soll von den Fesseln dunkler Mächte befreit und zum Licht der Kinder Gottes geführt werden"

Von "einem neuen Himmel und einer neuen Erde" spricht die Offenbarung von Johannes:
"Gott selbst wird Wohnung nehmen bei den Menschen"

Ja, dann hat mich einfach die Sehnsucht nach dem Licht wieder überwältigt.
Die Sonne hat mich in ihren Bann gezogen, ich konnte ihr nicht mehr widerstehen, ich musste zurück.
O dieser Gott1
Unbegreiflich diese Treue Gottes!

Ein wunderbares Gebet von Augustinus , das so gut auch zu mir passt, kam mir zu Hilfe:
"Gott, spät habe ich dich geliebt...
du warst in meinem Innern und ich draußen ...
du warst bei mir, aber ich nicht bei dir...
Du hast mich laut gerufen - du hast geblitzt und geleuchtet -
du hast mir süßen Duft zugeweht, ich habe ihn einsogen
und nun seufze ich nach dir -
und nun hungere und dürste ich nach dir -"

Ja, Gott hat mir trotz allem getraut, mir geglaubt, mich mit seinem Vertrauen und seiner Nähe, mit seinem Licht überschüttet!

Das große Plakat mit dem Sonnenball, sowie die Jubiläumskerze auf dem Altar zeugen davon, - aber beim genaueren Hinsehen fällt uns auf: sie sind durchzogen vom Kreuz!

Ich wollte dies ganz bewusst ( Sr. Davidica weiß es, sie hat oft gestöhnt bis die Kerze und das Plakat einigermaßen so geworden sind, wie ich es mir vorstellte).

Ja, das Kreuz gehört zu jedem Menschenleben
Wie das Licht und der Schatten!

Christus wollte durch sein Menschsein, durch sein Leiden und Sterben am Kreuz sich mit unsrer Schwachheit, mit unserem Versagen, den Misserfolgen und Unverstandensein solidarisieren,
Er wollte, dass wir Menschen im Kreuz Stütze und Halt, Heil und Hoffnung erfahren dürfen! Wie oft darf ich dies ganz persönlich erleben!
So haben auch mich Sonne und Kreuz - Symbole für das Menschenleben - bis heute begleitet.

Aber auch Ihr alle hier wart mir Wegbegleiter und Wegbegleiterinnen in den vielen Jahrzehnten in Tübingen und Ihr seid es heute noch! Ich durfte mich und darf mich beheimatet fühlen, Ihr habt mich angenommen so wie ich eben bin -
durch Euer Mitgehen, Mitmachen, Mithelfen in den unterschiedlichsten Situationen habt Ihr es mir leicht gemacht -
Gott treu zu bleiben ein Leben lang!

Euer Kommen heute ist ein wunderbares Zeugnis dafür!
Wie ich Euch danken kann, weiß ich selbst nicht!

Ganz besonders danke ich hier meiner Schwesterngemeinschaft:
"Ihr teilt mit mir im täglichen Leben Höhen und Tiefen, Licht und Dunkel!"

Ich erfahre die Gemeinschaft als ein Geschenk! Ob ich ein Geschenk für die Gemeinschaft bin, sei dahingestellt!
Was ist das Geheimnis, das tragende Fundament der Treue
einer Gemeinschaft?
Es ist die Kraft und Freude die wir täglich neu schöpfen im gemeinsamen Beten und Hören auf Gottes Wort, im Beisammensein und Feiern, im Streiten und Versöhnen und vor allem in der täglichen Eucharistie:
hier gilt ein besonderer Dank H. Steiger, "trotz Mangel an Priestern und Zeit ermöglichst du uns die tägliche Eucharistiefeier! " Danke!

Für die weiteren Lebensjahre, die mir noch bleiben , die ich täglich neu als Geschenk erfahren darf, will ich mich üben in

Barmherzigkeit, in Herzensgüte und Sanftmut -

das was Menschen heute am nötigsten brauchen!
Es ist dies der Auftrag von Carlo Steeb, unserem Ordengründer, für jede Sorella della Misericordia." Und 40 mal ist
die Barmherzigkeit in unseren Konstitutionen erwähnt!

"Barmherzigkeit - Güte -Milde"

Alle hier bitte ich: helft mir und begleitet mich mit Eurem Gebet, damit dies nicht nur ein frommer Vorsatz bleiben möge!

So feiern wir in dieser Eucharistie nicht nur die unfassbare Größe und Treue Gottes, sondern auch das Geschenk einer treuen Schwesterngemeinschaft und das Geschenk einer lebendigen Gemeinde.

 

 

 

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