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Predigt über Hiob 8 und 9
Zerbrechen der Gottes Bilder

gehalten am 10. August 2008 in der Eberhardskirche Tübingen (Heinrich Braunschweiger)

Liebe Gemeinde!
(Hiob ist nicht Vergangenheit. Hiob lebt auch heute. Denn die Hiobsfragen und Klagen sind dieselben wie zur Zeit des Verfassers des Hiobbuches. Aber nur auf dem Boden Israels, dem sich Gott offenbarte, konnten sie laut werden. Die Hiobs sind Gotteskämpfer, sie ringen mit Gott. Sie sind so etwas wie Kraftwerke, die das Dunkel der Welt in Licht transformieren.
An einen aus unseren Tagen will ich heute erinnern: an den Schriftsteller Reinhold Schneider. Er ist fast vergessen. Er litt unsäglich am katastrophischen Wesen der Geschichte. In seinem Buch "Winter in Wien" schreibt er: "Geschichte ist zur Farce geworden, zum Selbstmord der Welt… Man muss aus diesen rotierenden Höllen aufblicken zum Vater der Liebe - und - wer schlägt nicht die Hände vors Gesicht?"
Und in einem Beitrag anlässlich seines 50. Todestages lese ich:
"Reinhold Schneider sollte bei aller Tragik, welche die Signatur der Zeit hatte, und bei aller Schwermut, die ihm ins Gesicht geschrieben war, für eine Hoffnung stehen, die nicht von dieser Welt ist…" Diese Hoffnung wider alle Hoffnung lernen wir auch im Buch Hiob kennen.)

In unserer Predigtreihe über das Buch Hiob kommen wir heute zu den Kapiteln 8 und 9, die ich in Auswahl lese.
Einer der Freunde, die gekommen sind, um Hiob zu trösten, meldet sich zu Wort. Das Elend Hiobs hatte sie verstummen lassen. Aber die Klage Hiobs lässt sie nicht länger schweigen. Sein beständiges Schreien "Warum Gott? Warum?" halten sie nicht länger aus. Sie fühlen sich gerufen, darauf eine Antwort zu geben.
Sie wollen Gott verteidigen - und sie wollen Hiob trösten.
Aber welchen Gott? Und was wird das für ein Trost sein?
Wer nicht durch die Hiobsfragen und Hiobsklagen hindurch ist, durch seinen Gotteskampf und durch sein Schweigen, kann der einen Hiob trösten?
Wie leicht stößt frommer Trost den Verzweifelten nur in noch tiefere Verlassenheit und wird seinem Elend nicht gerecht!
Ich lese den Anfang der Trostrede des 2. Freundes aus Kapitel 8 und dann das Zentrum der Antwort Hiobs aus Kapitel 9:

"Da hob Bildad von Schuach an und sprach: Wie lange willst du so reden und sollen die Reden deines Mundes so ungestüm daherfahren?
Meinst du, dass Gott unrecht richtet oder der Allmächtige das Recht verkehrt?
Haben deine Söhne vor ihm gesündigt, so hat er sie verstoßen um ihrer Sünde willen.
Wenn du aber dich beizeiten zu Gott wendest und zum Allmächtigen flehst, wenn du rein und fromm bist, so wird er deinetwegen aufwachen und wird wieder aufrichten deine Wohnung, wie es dir zusteht.
Und was du zuerst wenig gehabt hast, wird hernach sehr zunehmen…
Da antwortete Hiob und sprach:
Ja, ich weiß sehr gut, dass es so ist und dass ein Mensch nicht recht behalten kann gegen Gott.
Hat er Lust, mit ihm zu streiten, so kann er ihm auf tausend nicht eins antworten…
Wie sollte dann ich ihm antworten und Worte finden vor ihm?
Wenn ich auch recht habe, so kann ich ihm doch nicht antworten, sondern ich müsste um mein Recht flehen.
Wenn ich ihn auch anrufe, dass er mir antwortet, so glaube ich nicht, dass er meine Stimme hört,
vielmehr greift er nach mir im Wetterstrum und schlägt mir viele Wunden ohne Grund.
Er lässt mich nicht Atem schöpfen, sondern sättigt mich mit Bitternis.
Geht es um Macht und Gewalt: Er hat sie. Geht es um Recht: Wer will ihn vorladen?
Wäre ich gerecht, so müsste mich doch mein Mund verdammen; wäre ich unschuldig, so würde er mich doch schuldig sprechen.
Ich bin unschuldig! Ich möchte nicht mehr leben; ich verachte mein Leben.
Es ist eins, darum sage ich: Er bringt den Frommen um wie den Gottlosen.
Wenn seine Geißel plötzlich tötet, so spottet er über die Verzweiflung der Unschuldigen.
Er hat die Erde unter gottlose Hände gegeben, und das Antlitz ihrer Richter verhüllt er. Wenn nicht ER, wer anders sollte es tun?...
Ich soll ja schuldig sein! Warum mühe ich mich denn so vergeblich?
Wenn ich mich auch mit Schneewasser wüsche und reinigte meine Hände mit Lauge, so wirst du mich doch eintauchen in die Grube, dass sich meine Kleider vor mir ekeln.
Denn er ist nicht ein Mensch wie ich, dem ich antworten könnte, dass wir miteinander vor Gericht gingen.
Dass es doch zwischen uns einen Schiedsmann gäbe, der seine Hand auf uns beide legte!...
So wollte ich reden und mich nicht vor ihm fürchten, denn ich bin mir keiner Schuld bewusst."


Liebe Gemeinde!
Wer sich in das Hiobbuch wirklich hineinbegibt, gerät unversehens in einen Strudel - und er weiß nicht, ob und wo und wie er da wieder herauskommt.
Dieser Strudel reißt mit sich, schleift über Steine, die das Fleisch von den Knochen reißen. Manchmal strecken sich vom Ufer Hände entgegen.
Aber ihr Griff fasst zu kurz oder ist zu schwach; sie halten nicht, und der Sog reißt weiter in Tiefen, in denen buchstäblich Hören und Sehen vergeht.

Und das alles ist kein literarischer Horror-Trip. Sondern es ist gelebtes und erlittenes Leben. Es ist der furchtbare Strudel, in den ein Mensch gerät, der trotz allem, trotz einer Wirklichkeit, die jede Gotteszusage Lügen zu strafen scheint, Gott nicht loslassen kann.

Und eben dies ist es, was ihn hinunterzieht, was ihm ständig den Boden unter den Füßen wegreißt und ihn wie einen Ertrinkenden gurgeln lässt in immer neuen Fragen und Schreien.
Hiob ist jetzt ein Mensch, dem alles zerbrochen ist, was ihm zeitlebens klar und gewiss war von Gott und vom Sinn des Lebens. All das, was ihm bislang fester Boden und Standpunkt war, - all das ist ihm zu fließendem Sand geworden.
"Was ist das für ein Gott, der mir all das antut?" schreit Hiob.
Und hier am Beginn unseres Textes, begegnen wir einer dieser Hände, die ihn herausziehen und ans Ufer retten wollen.
Es ist die Hand Bildads, seines Freundes; und was der ihm da zuruft, ist zugleich die Stimme von Hiobs eigenem theologischen Wissen, das er nun hinterfragen wird: "Meinst du, dass Gott unrecht richtet oder der Allmächtige das Recht verkehrt?"

Also: wenn du so leidest, dann muss doch eine dunkle Stelle in deinem bisherigen Leben sein! Unterwirf dich doch der Gerechtigkeit Gottes, auch wenn du sie noch nicht einsiehst: Und Gott wird wieder für dich da sein, so wie er nun gegen dich ist.
Denn: "wenn du rein und fromm bist, so wird er deinetwegen aufwachen und wird wieder aufrichten deine Wohnung, wie es dir zusteht."

Kein Zweifel: Hiob könnte nach dieser Hand greifen. Er könnte einlenken und sich unterwerfen. Dann würde das Koordinatensystem, in dem er bisher geglaubt und gedacht hat, wieder stimmen: "Gott ist gerecht. Und wie der Mensch handelt, ergeht es ihm auch."

Dann wäre für ihn auch der Weg frei zum Frieden mit diesem Gott.
Aber was wäre das für ein Gott? Und was für ein Friede? Und zu welchem Preis?
(Viele zahlen ihn. Nennen es Frömmigkeit, fromme Ergebung. Vielleicht aber ist's untergründiger Gotteshass, den sie verdrängen müssen, so wie sie die Fragen verdrängen und damit auch den Geist, der darin fragt und seufzt, der darin und damit am Menschen wirkt und schafft.)

Jedenfalls: Hiob ist der Preis zu hoch. Er kann und will nicht "Gerechtigkeit" nennen, was er als göttliche Willkür erfährt. Er kann und will nicht verleugnen, was er zutiefst empfindet: "Ich bin unschuldig!"
Was er hier hinausschreit, ist ja das einzige, was ihm überhaupt noch gewiss ist.
Und über dieser Gewissheit steigert sich nun seine Klage zur leidenschaftlichen Anklage gegen Gottes Ungerechtigkeit:
"Es ist doch eins. Darum sage ich: er bringt den Frommen um wie den Gottlosen. Wenn seine Geisel plötzlich tötet, so spottet er über die Verzweiflung der Unschuldigen."
"Ich bin unschuldig!" schreit Hiob.

Viele Ausleger sprechen an dieser Stelle vom Stolz Hiobs, der seine Lage vor Gott gänzlich verkenne. Ich möchte das nicht tun, zumindest nicht vorschnell. Ich glaube, dass es wirklich eine "relative Unschuld" gibt, vor der auch der Hinweis auf Gottes Gerechtigkeit verstummen muss.
Ich habe in der letzten Predigt Szletana, das bosnische Mädchen zitiert, das angesichts des Grauens in Sarajewo in ihrem Tagebuch notierte: "Mein Gott, warum müssen sie alles kaputt machen?... Warum?...wir haben nichts getan. Wir sind unschuldig. Und wir können nichts tun."
Hat sie nicht recht?
Und ein Kind, das an einer unheilbaren Krankheit dahinsiecht. Womit hat es das verdient?

Womit hat der aufrechte Hiob sein Schicksal verdient, während die Gottlosen blühen wie das Gras?
Wie oft fragen Menschen auch unter uns ratlos und verzweifelt: "Warum straft mich Gott so unbarmherzig? Was habe ich getan? Womit habe ich dieses Schicksal verdient?"
Allerdings, wer von uns wagte es dann, weiter zu reden: "Gott tut mir unrecht!" "Du bist ungerecht, Gott! Deine Gerechtigkeit ist Willkür!"

Denn hieße das nicht, alles in Frage zu stellen und preiszugeben, was uns wichtig und verlässlich ist und auch dem Leiden noch Sinn zu geben vermag? (Und welcher Leidende wüsste nicht, was für ein Trost es ist, sprechen zu können: "Was Gott tut, das ist wohlgetan. Es bleibt gerecht sein Wille.")

Und in der Tat: Stellt man das in Abrede, dann gibt es wohl nur noch zwei Wege:
Entweder dem Rat von Hiobs Frau zu folgen und Gott abzusagen ins Angesicht.
Oder einzuwilligen in den schmerzhaften Prozess, sich von einem Bild zu trennen, das man bisher von Gott hatte, in dem man bisher zu Hause war und in dem Gott nun nicht mehr zu finden ist.

Das ist der Weg, auf den Hiob sich einlässt. Er tut uns den Dienst, dass er da, wo wir abbrechen, wo wir um des Seelenfriedens willen in billige Antworten flüchten, im Fragen und Klagen aushält und weiterredet -,
auch wenn sein Reden über Gott nun ein Wüten gegen Gott ist; dass er lieber Gott lästert, als dass er ihn fahren ließe. Und darum vermag ihn die gut gemeinte Hand, die sich da nach ihm ausstreckt, nicht zu halten. Sie greift zu kurz.

Sie wollte ihn halten mit der Erinnerung an die Allmacht und Gerechtigkeit Gottes - und daran, dass es dem Menschen nur angemessen ist, sich IHM zu unterwerfen.

Aber diese Allmacht erfährt Hiob nur noch als mörderische Willkür. Und was ist das für eine Gerechtigkeit, die über den Menschen herfällt, ohne ihm auch nur die Chance einer Widerrede zu lassen und auch nicht den Appell an eine unparteiische Instanz?

Was macht es überhaupt für einen Sinn, da noch von "Gerechtigkeit" zu reden, wo man sich unversehens als Verurteilten vorfindet, ohne dass einem die Anklage überhaupt vorgelegt oder auch nur die geringste Chance zur Verteidigung gelassen wird:
"Ich soll ja doch schuldig sein. Warum mühe ich mich denn so vergeblich? Wenn ich mich auch mit Schneewasser wüsche, so wirst Du mich doch eintauchen in die Grube, dass sich meine Kleider vor mir ekeln. Denn er ist nicht ein Mensch, wie ich, dem ich antworten könnte, dass wir miteinander vor Gericht gingen."

"Was ist das für ein Gott, der so mit mir umgeht?" schreit Hiob. "Ich kenne ihn nicht mehr. Er ist mir verborgen und fremd, er ist mir zum Feind geworden-, und ich weiß nicht, warum."
So werden wir hier Zeugen, wie das Gottesbild eines Menschen zerbricht. Wie ein Mensch Abschied nehmen muss von dem vertrauten und gewissen Bild, das er von Gott hatte, in dem er aufgewachsen und beheimatet war -,
und nimmt doch nicht Abschied von Gott.
Und das, so lehrt es das Buch Hiob und so lehrt es die ganze Bibel, das ist Glaube. (Nicht Menschenwerk, sondern Gottes Werk.)

Es ist die Gefahr des religiösen Menschen von Anfang an, sagt die Bibel, dass er Gott in einem Bild festlegen, ihn berechnen und begreifen und somit in den Griff bekommen will. Darum gilt für den biblischen Glauben von Anfang an das 2. Gebot: "Du sollst dir kein Gottesbild machen!"

Das bedeutet aber nicht, dass wir überhaupt nicht in Bildern von Gott reden dürften. Wir können gar nicht anders von ihm reden. Die Bibel selbst ist ja voll von Bildern. Und jedes biblische Bild von Gott hat sein Recht und trifft etwas Wesentliches.
Aber kein Bild ist mit Gott selbst identisch. Gott ist immer noch mehr und anders als jedes Bild, das wir von IHM haben. Und: Er ist immer auch der verborgene Gott. Wollen wir IHN ehren, dann müssen wir IHN als solchen, als den Verborgenen anbeten. Was wir von Gott zu begreifen meinen, was wir seine Eigenschaften nennen, das ist nur immer die Außenseite, aber im Leben voller Rätsel und Geheimnisse, da wird er selber offenbar… als der Verborgene.

Darum: Alle Gotteesbilder, auch das schönste, zentralste, unersetzlichste Bildwort "Vater" -, sie alle sind absolut genommen zu eng, und jedes muss offen sein für weitere Gotteserfahrungen.

Das Gottesbild, von dem Hiob hier Abschied nehmen muss, ist das zentrale Gottesbild seiner und sicherlich auch noch immer unserer Zeit:
das Bild des Gottes, der die "sittliche Weltordnung" repräsentiert, des moralischen Gottes, der die moralischen Vorstellungen und Werte der jeweiligen Zeit garantiert,
des (wenn ich einmal so sagen darf) "nützlichen Gottes" - und damit auch einer egoistischen Religiosität, die gleichsam mit göttlicher Autorität den eigenen Wertekanon und Lebensentwurf absegnen will und die das Gute tut, um Lohn dafür zu empfangen.
So verkündigen es die Freunde Hiobs, und so sagt es sein eigenes theologisches Wissen, in dem er groß geworden ist und selber einmal eine Autorität war.
Und darauf will ja der Widersacher den Menschen vor Gott festlegen, wenn er in der Vorrede zu Gott sagt: "Meinst du, dass Hiob Gott umsonst fürchtet?"

Aber dieser Hiob wagt es nun, die bittere Konsequenz aus seiner Erfahrung zu ziehen:
Unglück ist nicht immer Quittung für Schuld; Gerechtigkeit gibt noch keine Garantie auf Glück - und: "dem Menschen nützt es nichts, wenn er Gott gefällig ist". -
Das ist zu Kapitel 34 wörtlich die Quintessenz von Hiobs Gotteserfahrung.

Und dennoch lässt er Gott nicht los. Und wir fragen: Wie konnte er das? Was bleibt ihm dann noch von Gott? Was bringt dann der Gottesglaube überhaupt noch?

Aber, nicht wahr, das ist eine verräterische Frage. Sie verrät, dass es auch ihr nur um den "nützlichen Gott" geht, den Gott, der für eine "moralische Weltordnung" steht, in der alles berechenbar ist, wo das Gute belohnt und das Böse bestraft wird, wie Hiobs Freunde erklären.

Wenn uns aber dieses Gottesbild zerbricht? Wenn wir täglich vor Augen haben, wie die Weltgeschichte eben nicht das gerechte Weltgerichte ist, sondern wie sie die Schuldigen mit den Unschuldigen, die Frommen mit den Gottlosen verschlingt?
Wenn Gott uns keine Antwort gibt auf all das unsägliche Menschenleid?
Dann, liebe Gemeinde, gibt man millionenfach öffentlich oder stillschweigend dem Glauben an Gott den Abschied - Oder man rettet ihn in den privatisierten blassen Glauben an einen Gott, dem es nur um die Rettung der Seelen geht.

Warum tut Hiob das nicht? Warum vermag er es, trotz allem an Gott festzuhalten, auch wenn er den Sinn dieses Glaubens nicht mehr selber aufweisen kann?

Doch nur deshalb, weil Hiobs Glaube letztlich nicht an einem Gottesbild hängt, so sehr er bislang mit einem solchen Bild lebte, sondern verwurzelt ist in einer tiefen Gottesbeziehung, die nichts weniger ist als sein Leben.

Weil Hiobs Glaube im Tiefsten offen ist für den lebendigen Gott, darum besteht er aus viel mehr Fragen als Antworten:
Darum lässt er sich nicht abspeisen mit vorschnellen Erklärungen. Weil er letztlich nicht an sich selber glaubt, nicht an seinen eigenen Glauben glaubt, sondern: weil es in ihm glaubt, weil Der in ihm glaubt, der auch mit seinen Fragen wie ein Geist-Sturm durch Hiobs Seele fährt.

Aber darum wächst in ihm auch die Ahnung und wird ihm immer mehr zur Gewissheit:
Gott ist mehr als ich jetzt von ihm erfahre. Auch wenn er mir jetzt nur als Feind entgegentritt - grausam, ungerecht, stumm - das ist nicht alles, das ist nicht das Letzte. Sondern:
"Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Als Letzter tritt er über dem Staube auf. Meine Augen werden IHN sehen, nicht als einen Fremden."
So wird Hiob im 19. Kapitel seinen Bedrängern entgegenhalten. Das ist seine neue Gottesgewissheit, die dann über die hebräische Bibel hinauszielt in die Mitte des Neuen Testaments hinein.

Davon wird in der nächsten Predigt die Rede sein.
Aber diese neue Gewissheit bereitet sich in unserem heutigen Textabschnitt schon vor. Denn sie zeigt uns: Da, wo das Gottesbild in Bewegung gerät, wo Hiobs Gottesbild zerbricht, da wird der Glaube dessen, der Gott dennoch nicht fahren lässt, nicht ärmer, sondern reicher und tiefer und gewisser.

Gerade wir Christen stehen, wie die Freunde Hiobs, in der Gefahr, über Gott zu gut Bescheid wissen zu wollen, während Hiob selbst unter der Verborgenheit Gottes leidet.

Aber Gott gibt am Ende nicht den Freunden recht, den Alleserklärern und Alleswissern, sondern seinem "Diener Hiob" -, dem fragenden, klagenden, zuletzt verstummenden und an IHM dennoch festhaltenden.

So will das Buch Hiob auch uns ermutigen, unseren Glauben nicht an einem Gottesbild festzumachen, sondern ihn offen zu halten für den lebendigen Gott, der größer ist als alle Bilder, die wir von ihm haben, größer als alle Theologien, mit denen wir Ihn zu begreifen versuchen, und reicher als alle Namen, unter denen wir mit Ihm reden.

Das meint, recht verstanden, auch die paradoxe Rede vom "Dreieinigen Gott":
Von dessen Allmacht wir nicht mehr sprechen können ohne die Ohnmacht Jesu am Kreuz vor Augen zu haben, und dessen Wirken in Welt und Geschichte wir nicht erkennen können, wenn nicht der Hl. Geist uns die Augen dafür öffnet,
der aber mit uns eine Geschichte hat, an deren Ende Gewissheit steht und das Schauen:
"Meine Augen werden Ihn sehen - nicht als einen Fremden."
Gott helfe uns!
Amen

 

 

 

 

 

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