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Bericht
über die erste Hilfsaktion aus Deutschland
im Winter 2001/2002
Am Anfang stand die Idee
einiger Deutschen und Afghanen in Freiburg, in der Ende Oktober 2001
fürchterlichen Notsituation des afghanischen Volkes möglichst
schnell und wirkungsvoll zu helfen. Die Zahl der Flüchtlinge stieg
durch das amerikanische Bombardement täglich, ein Ende der kriegerischen
Auseinandersetzungen war nicht absehbar, die Nachbarn Afghanistans weigerten
sich, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Die ersten Überlegungen
gingen dahin, von der iranischen Grenze her, wo die Lage am ruhigsten
schien, in Flüchtlingslager an der Grenze zu gelangen und dort
Hilfsgüter möglichst selbst zu verteilen. Alle Nachrichten
aus dem Internet wiesen daraufhin, dass eine Verteilung mit Hilfe des
iranischen Roten Halbmondes (= Rotes Kreuz in moslemischen Ländern)
unsicher ist. Afghanen wollten mit Deutschen zusammen im Iran Lebensmittel,
aber auch Schuhe und kleine Heizöfen einkaufen und sie zu den Menschen
in Not bringen. Zusätzlich sollten in Freiburg warme Kleidung,
Decken und vor allem Schuhe und Kinderkleidung gesammelt werden und
in Lkw über den Iran an die Grenze und möglichst nach Afghanistan
hinein gebracht werden. Der Kriegsverlauf liess sehr bald die Wahrscheinlichkeit
zu , bis nach Herat in Westafghanistan zu gelangen.
An vielen Schulen begannen
Sammelaktionen, die Mitarbeit von Caritas international wurde gewonnen,
schließlich beteiligten sich sogar die Stadt Freiburg und der
Freiburger Gemeinderat finanziell und ideell an der Aktion. Auch die
Medien zogen sehr gut mit, so dass schnell viel Resonanz in der Öffentlichkeit,
gerade auch des Freiburger Umlandes, zu verzeichnen war. Die zahlreichen
logistischen Probleme , die sich für die freiwillig Tätigen
der Initiative ergaben, wurden alle mehr oder weniger schnell und gut
gelöst.
Inzwischen sind
die Helfer Masuod, Irenäus und Peter nach Mashad im Iran geflogen,
haben um Visa gekämpft, bei Behörden antichambriert, nach
Ankunft des ersten LKW nach 14 Tagen Fahrzeit komplizierte Zollformalitäten
bewältigt und nebenher noch eine Menge Lebensmittel eingekauft,
20 t Nudeln, 40 t Datteln, die hier kein Luxus sind, sondern wertvolles
Grundnahrungsmittel, Öl, Tomatenmark, dazu auch noch kleine Heizöfen,
gefütterte Kinderschuhe. Die Beschaffung ist schwieriger als erwartet,
obwohl Mashad eine Millionenstadt ist. Außer einem Ausflug in
die Berge in Kurdendörfer und einem gelegentlichen Wasserpfeifchen
fällt nicht allzu viel Privatvergnügen an. Der iranische Freund
Fouladi hilft uns unermüdlich.
Auch bei der Beschaffung zweier Backmaschinen, mit denen wir so etwas
wie Existenzgründung in Herat planen.
In Eslam Khale an der Grenze
muß alles umgeladen werden. Ein riesiger Umschlagplatz im Niemandsland,
wo Hilfslieferungen aus vielen Ländern auf fast schrottreife afghanische
Laster umladen. Dann geht es hinein ins Abenteuer. Hinweise auf die
im Land verbreiteten Minen, eine Strasse, die nicht einmal mehr Piste
ist, eine trockene, menschenfeindlich wirkende Landschaft erschrecken
uns ein wenig. 125 km in 10 Stunden. Eine Übernachtung dazwischen
im LKW, weil nachts die Gefahr von Überfällen bestehe, wie
die Fahrer sagen. Ein Vierzehnjähriger ist übrigens unter
ihnen. Denn Führerschein oder TÜV oder Autokennzeichen - so
etwas gibt es hier noch nicht wieder.
In Herat finden wir dank
Masuods persönlichen Beziehungen bals eine schöne alte Karawanserei
als Warenlager, wo man vor den neugierigen Blicken geschützt unsere
Güter sicher lagern kann. 11 Arbeiter und außer uns noch
zwei junge Polen, die zu uns gestoßen sind, laden ab und anderntags
auch wieder auf. Der Stundenlohn liegt fürstlich hoch: so um 1
DM. Bei den hohen Preisen in Afghanistan reicht das nicht weit. So nebenbei
erhalten freilich auch die Arbeiter und ihre Familien das ein oder andere
Kleidungsstück, das dringend benötigt wird und hochwillkommen
ist.
Herat ist eine uralte, traditionsreiche
Stadt. Ein Rest der alten Pracht ist da und dort noch zu sehen. Vor
allem in den Vorstädten wirkt es fast wie in einem Slum. Fast 25
Jahre Krieg und Bürgerkrieg, Abwesenheit jeglicher staatlichen
Ordnung können nicht spurlos vorübergegangen sein. Nur der
Basar lebt schon wieder. Allerdings können nur wenige von dem großen
Angebot Gebrauch machen. Keine Arbeit, kein Geld. Wäre nicht das
Ende des Fastenmonats nahe, ein großes Fest in moslemischen Ländern,
ginge das Geschäft noch schlechter. Trotz allem ist die Stimmung
nicht schlecht. Schließlich ist man die verhaßten Taliban
los. Man merkt so etwas wie eine freiheitliche Stimmung, auch wenn die
Frauen die Burka noch nicht abgelegt haben. Die Lebensfreude kehrt zurück.
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