Asylarbeit

 

Soll Familie Tran gehen?

Unsere Abschiebepraxis ist inhuman !!

Die Abschiebe-Praxis in Baden-Württemberg ist inhuman und widerspricht unserem Grundgesetz. Sie widerspricht aber insbesondere unserer christlichen Moral:

»Die wohlhabenderen Nationen sind verpflichtet, so weit es ihnen irgend möglich ist, Ausländer aufzunehmen, die auf der Suche nach Sicherheit und Lebensmöglichkeiten sind, die sie in ihrem Herkunftsland nicht finden können. Die öffentlichen Autoritäten sollen für die Achtung des Naturrechts sorgen, das den Gast unter den Schutz derer stellt, die ihn aufnehmen.«
(Katechismus der Katholischen Kirche, Ziffer 2241, München 1993, 571f.)

   
 

Schwäbisches Tagblatt, 24. Dezember 2005, S. 27

Ihr beengtes Leben in der Zwei-Zimmer-Wohnung in der Sindelfinger Straße wollen Hai Ha (von links), 12 Jahre, Hai Nam, 4, die Eltern Van Vu Tran und Thithanh Nguyen, und Hai Linh, 13, nicht aufgeben für die Zwangsausreise nach Vietnam, das sie nur aus Erzählungen knnen.

Bild: Metz

Das Polizeiauto auf dem Wunschzettel

Familie Tran bangt nach 13 Jahren in Tübingen um ihre Zukunft seit der Ablehnung als Härtefall

TÜBINGEN. Wenn der vierjährige Hai Nam seine beiden älteren Schwestern auf den Bildern im Fotoalbum sieht, kann er sich kaum Halten vor Lachen. Sein fröhliches Herumhüpfen, das Blättern in alten Fotos lässt die 13-jährige Hai Linh und ihre Schwester Hai Ha, 12, für kurze Zeit vergessen, worüber sie ungern sprechen: Dass ihre Zukunft in Tübingen ungewiss ist. Seitdem die Härtefallkommission den Antrag der vietnamesischen Familie Tran abgelehnt hat, droht nach fast 14 Jahren in Deutschland die Abschiebung.

Im Fotoalbum der Familie zeigt der kleine Bruder Hai Linh als Baby. Seine große Schwester wurde am 14. November 1992 im pfälzischen Weiden geboren. Zehn Monate, nachdem die Eltern nach Deutschland kamen, ein Flüchtlingslager bei Nürnberg bot dein Ehepaar mit Säugling die erste beengte Bleibe. Der heute 49-jährige Van Vu Tran und seine Frau Thithanh Nguyen haben Vietnam im Januar 1989 verlassen. Als Fremdarbeiter in Tschechien "haben wir Weihnachten mit vielen Freunden zusammen gefeiert", erinnert sich Tran beim TAGBLATT-Besuch kurz vor dem heutigen Heiligabend.

In Deutschland war den Trans "anfangs alles fremd", wie sie erzählen. Doch sie lebten sich ein, feierten den Heiligabend mit Freunden zusammen. Traditionell fahren die Trans zum gemeinsamen Feiern nach Reutlingen in eine Kirchengemeinde. Dort gibt es auch einen christlichen Gottesdienst und heimische Spezialitäten: Gebackene Ente, Reis und Frühlingsrolle, dazu Weißwein.

Als Hai Ha am 9. Dezember 1993 geboren wird, ist die junge Familie Tran bereits nach Tübingen umgezogen. In der Sammelunterkunft Herrenberger Straße kam früher "ein echter Weihnachtsmann", erzählt die Zwölfjährige, brachte kleine Geschenke für die Kinder, zur Weihnachtsfeier gingen Trans mit den kleinen Mädchen ins Tübinger Asylzentrum. Später, als Trans sich in der Hirschauer Straße in einem Zimmer einrichten mussten, kamen die Mädchen in die Grundschule Innenstadt. Hai Nam zeigt das Einschulungs-Foto vor dem Lindenbrunnen-Pavillon: Seine Schwester Hai Ha mit einer großen, roten Micky Maus-Schultüte.

Der Umzug in die Sindelfinger Straße, in der die Trans bis heute wohnen, war für die Familie eine Verbesserung: Zwei Zimmer, eine kleine Küche mit Bad und vor der Wohnungstür Platz für die Schuhe, die Schwestern gehen zur Aischbachschule, dann in die Albert-Schweitzer-Realschule. Sie teilen sich ein Zimmer. Ein gebrauchter Computer steht vor dem Fenster, neben den zwei Betten summt ein Kühlschrank, an den schrägen Wänden hängen ein Foto von Tübingen und einige Zeichnungen von Hai Linh.

"Tübingen ist unsere Heimat geworden", sagt der Vater. Seine Kinder kennen das Heimatland ihrer Eltern nur aus Erzählungen, im Fotoalbum zeigt der kleine Hai Nam ein Bild seiner Oma, die Großeltern des Vaters sind schon gestorben. 18 Jahre lang waren Trans nicht mehr in ihrer Heimat, direkte Verwandte haben sie dort nur wenig. Hai Nam nennt seine Mutter "Mami", und wenn die Schwestern mit den Eltern ab und zu vietnamesisch sprechen, mischt sich das oft mit deutschen Wörtern.

Das Wohnzimmer der Familie ist auch gleichzeitig das Schlafzimmer von Hai Nam und den Eltern. Zwei ausziehbare Sofas und ein Bett stehen darin, ein großer weißer Schrank, Fernseher und ein Tisch. Für einen Tannenbaum fehlt der Platz. Das heutige Weihnachtsfest empfindet der Familienvater als "besonders traurig". Zuerst die versuchte Abschiebung am 23. Juni, die der Tübinger Rechtsanwalt Reinhard Treimer gerade noch mit einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen stoppen konnte - kurz, bevor die Trans in Frankfurt ins Flugzeug nach Vietnam gesetzt wurden. Das Abholen der Polizei in den frühen Morgenstunden, die Fahrt mit dem Polizeiauto nach Frankfurt haben alle noch vor Augen. Dann die Petition an den Stuttgarter Landtag im Juli, schließlich die Härtefallkommission, die Anfang Dezember in der Abschiebung der Familie keine besondere Härte erkennen kann.

Am 4. Januar läuft die Duldung ab. Und dann? "Wir haben Angst", sagt der Vater, der seit 1999 in einem Tübinger Restaurant arbeitet. Erst als Küchen-Aushilfe und jetzt mit einer festen Anstellung. Hai Linhs Freundinnen aus ihrer Klasse möchten einen Brief an Innenminister Heribert Rech schreiben. Und das Sigmaringer Verwaltungsgericht geht in seinem Schreiben vom 14. Dezember davon aus, dass vorerst "von Vollzugsmaßnahmen abgesehen wird", solange das Regierungspräsidium noch nicht über Treimers Antrag auf Aufenthaltserlaubnis "aus humanitären Gründen" entschieden hat. Der Rechtsanwalt der Familie verweist in seiner Begründung auf andere Gerichtsurteile. Vietnam, so Treimer, sei nicht der Heimatstaat der drei Kinder. Warum also solle für sie eine Ausreise in das fremde Land "zumutbar" sein?

Unterstützer der Familie werden auch heute Trans besuchen, sie aufmuntern, vielleicht gemeinsam mit ihnen einen Gottesdienst besuchen. Sie wollen ihnen dabei helfen, "mit dem Gefühl der Schutzlosigkeit fertig zu werden", sagt Helmut Schmeck. Er hoffe, "dass die staatlichen Behörden nicht die Rolle des Herodes spielen", sagt er. Und der kleine Hai Nam hofft, dass auch er heute ein Geschenk bekommt. Sein sehnlichster Wunsch: ein Polizeiauto.

Christiane Hoyer

 

 

 


Fortsetzung folgt

 

 

 

 

 

Kirch am Eck
Predigten
Religiöse Fragen
Texte
Aktuelle Infos
Menschen in Not und Leid
Asylarbeit
Kirchenasyl
Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung
Für Sie gelesen
Humor
Französisches Viertel
Christlich-islamischer
Dialog
Die Seite für Ausländer
Links
Chat
 Wir über uns

 

Webmaster