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          Schwäbisches Tagblatt vom 20. Januar 2003: 
          
        "No 
          war" (Kein Krieg) trommelte die Tübinger Gruppe Chucrute com 
          Banana an der Spitze des Demonstrationszugs am Samstag auf der Neckarbrücke. 
             
        Bild: Faden 
         
        Für 
          eine Achse des Friedens 
          
        Tausende Demonstranten 
          protestierten am Samstag in Tübingen gegen einen neuen Krieg am 
          Golf 
          
        Von Ute Kaiser 
           
        TÜBINGEN. 
          So viele Demonstranten drängten schon seit zwei Jahren nicht mehr 
          auf den Tübinger Holzmarkt: Weit mehr als zweitausend Friedensbewegte 
          aller Altersgruppen folgten am Samstag den Aufrufen verschiedener Gruppen 
          und Initiativen zum Protest gegen den drohenden Krieg im Irak. 
           
        Der Platz vor 
          dem Deutsch-Amerikanischen Institut konnte die Massen nicht fassen. 
          Transparente wie "Kriege sind Raubzüge. Sie sind kein Weg 
          zum Frieden" waren aus Platzmangel kaum zu entfalten. Deutsche 
          und US-Amerikaner, eine starke Gruppe von Lateinamerikanern, aber auch 
          Iraker trafen sich - zwölf Jahre nach den ersten Angriffen im Golfkrieg 
          - zum Protest gegen den Waffengang. Penelope Pinson, US-Amerikanerin 
          aus Georgia, beschwor die "Werte der zivilisierten Welt" wie 
          etwa die Menschenrechte, für die am selben Tag wie in Tübingen 
          auch anderswo Massen auf die Straße gingen - darunter hunderttausende 
          US-Amerikaner. 
           
        in japanischer 
          Tourist am Straßenrand zückte die Kamera. Er fotografierte 
          Demonstranten und ihre Transparente. Hinter Parolen wie "Diskussion 
          nicht Zerstörung" und Bekenntnissen wie "Amerikaner für 
          den Frieden" bewegte sich der Zug über die Neckarbrücke 
          und die Mühlstraße in die Neue Straße und zum Holzmarkt. 
          Vornedran die Tübinger Trommel-Truppe Chucrute com Banana, mittendrin 
          überlebensgroß auf einer Leinwand der Tod. 
           
        Die Schlaginstrumente 
          gaben zunächst auch am Holzmarkt den Takt an. Ein Iraker ließ 
          sich anstecken und tanzte mit der Fahne seines Heimatlands vor der Stiftskirche. 
          Kundgebungsleiterin Brigitte Jahn vom Tübinger Friedensplenum freute 
          sich über den Andrang. Der Mössinger Friedensfreund Erich 
          Schneider begründete, warum er sich (wie berichtet) an einer Sitzblockade 
          vor der US-amerikanischen Kommandozentrale Eucom beteiligt und Strafanzeige 
          gegen den geplanten Angriffskrieg erstattet hat. Er ist für den 
          Ex-SPDler "ein schweres Verbrechen gegen unzählige Menschen, 
          das unbedingt abgewendet werden muss". 
           
        Globalisierungs-Kritikerin 
          Nora Müller von Attac Tübingen ging auf die Hintergründe 
          des von der US-Regierung angestrebten Krieges ein: Märkte zu erschließen 
          und internationalen Konzernen ungehinderten Zugang zu den Ressourcen 
          zu sichern. Der Irak ist der Staat mit den zweitgrößten Erdölreserven 
          der Welt. Die neoliberale Globalisierung, so Müller, destabilisiere 
          ganze Länder und Regionen: "Eine solche Weltordnung kann nicht 
          friedfertig sein." Die Rednerin rief unter viel Beifall zum Widerstand 
          auf. 
           
        Hennig Zierock, 
          Vorsitzender der Tübinger Gesellschaft Kultur des Friedens, war 
          (wie berichtet) bis vor wenigen Tagen mit einer Friedensdelegation in 
          Bagdad. "Der Irak erfährt eine brutale Diktatur, aber es wäre 
          ein Verbrechen, dieses Land mit Krieg zu überziehen", sagte 
          Zierock noch bewegt von den Begegnungen dort. 
           
        Der Friedensaktivist 
          forderte, dass "die Waffeninspektoren im Irak bleiben, weil sie 
          die beste Garantie für die Kontrolle von Massenvernichtungswaffen" 
          seien. Er rief die Uni, aber auch die Stadt Tübingen dazu auf, 
          Brücken zu den Menschen im Irak zu schlagen. Zierocks Credo: "Wir 
          brauchen eine Achse des Friedens." Ein offener Brief an Bundeskanzler 
          und Außenminister ist auf dem Weg nach Berlin. Mit ihrer Unterschrift 
          fordern auch mehr als tausend Tübinger Kundgebungsteilnehmer, "alles 
          zu tun, damit Europa im Weltsicherheitsrat gegen einen Kriegsautomatismus 
          stimmt und sich für friedenspolitische Lösungen einsetzt". 
           
            
          
        Leserbriefe
        "Cool wie ein richtiger 
          Cowboy" 
           
        Hallo, Onkel Busch! 
          Kannst Du mir helfen? 
          Ich bin ratlos. Alle Erwachsenen um mich rum sagen, dass Du einen Krieg 
          gegen den Irak um jeden Preis willst und verrückt bist. Aber ich 
          finde Dich toll, wenn Du so cool wie ein richtiger Cowboy im Wild-West-Film 
          in Jeans den Hubschrauber besteigst und auf Deiner Range nach dem Rechten 
          siehst. In diesen Filmen sieht man, dass alle Menschen in gute und böse 
          eingeteilt sind und dass man immer zuerst auf die wilden Indianer schießen 
          muss. Präventiv, sagen Deine Hilfssheriffs dazu. 
           
        Was ich nicht kapiere: Im 
          Irak gibt es doch gar keine Indianer! Und warum willst Du den Irakern 
          das Anthrax wegnehmen, das Du ihnen aus Deinen Labors geschenkt hast? 
          Meine Mama sagt immer, man darf nicht wiederholen, was man verschenkt 
          hat. Und warum verschweigst Du, dass nach dem letzten Irak-Krieg 10 
          000 Deiner Cowboys gestorben sind und viele irakische Kinder verkrüppelt 
          sind und sterben, weil die amerikanischen Granaten mit Atom gefüllt 
          waren und sie sie berührt haben? Hast Du deshalb bei Onkel Gerhard 
          angerufen, damit das bei uns nicht im Fernsehen gezeigt werden darf? 
           
        Mein großer Bruder 
          sagt, dass es wie in Afghanistan und Tschetschenien nur um die Kontrolle 
          über die Ölfelder und diese Gebiete geht und dass dafür 
          hunderttausende unschuldige Menschen sterben müssen. Bei uns kannst 
          Du jeden Abend in den Nachrichten sehen, wie viele Menschen in der Welt 
          hungern und Millionen Kinder nicht einmal in einer Schule etwas lernen 
          dürfen, sondern arbeiten müssen. Und in Moskau sind jetzt 
          über 300 Menschen erfroren, weil es wie in 60 Städten in Russland 
          keine Heizung mehr gibt. Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, warum Du 
          so viele Milliarden für diesen Krieg ausgibst. Könntest Du 
          nicht diesen Menschen helfen und Dein Geld dafür benutzen? Dann 
          könnten wir alle miteinander in Frieden spielen, auch wenn ich 
          so gern Wild-West-Filme anschaue. Aber ich habe Angst, dass Du gar nicht 
          Nussein durch einen amerikanischen Präsidenten ersetzen willst 
          und Dein Krieg viel größer wird, als Du uns letzt erzählst. 
          Denn Dein Rummsfeld hat schon gesagt, dass er Euer Anthrax in Syrien 
          suchen will und dass er noch fünfzig andere Schurken-Länder 
          auf seiner Liste hat. 
           
        Je länger ich darüber 
          nachdenke, Onkel Busch, desto mehr muss ich Dir was sagen. Unsere Lehrerin 
          hat gesagt, wir sollen nicht vom Wolkenkratzer springen, nur weil Batman 
          das tut. Deshalb solltest auch Du lernen, Wild-West-Filme nicht mit 
          der Wirklichkeit zu verwechseln. Ich hoffe, Du bist mir nicht böse. 
           
        Beantwortest Du bitte meine 
          Fragen?  
        Dein Michel 
           
        Verantwortlich im Sinn des 
          Presserechts: Dr. Emanuel Peter, Rottenburg, Zieglerweg 3 
           
        
          
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