|  
          
          Weihnachten 2002  
       | 
    
 
         
        Adeste 
          fideles? 
          
         | 
    |
| Schwäbisches 
        Tagblatt vom  23. 12. 2002 24. 12. 2002 27. 12. 2002 28. 12. 2002 30. 12. 2002 31. 12. 2002 2. 1. 2003 3. Januar 7. Januar 8. Januar 10. Januar 14. Januar 15. Januar 16. Januar 17. Januar 18. Januar 20. Januar 21. Januar 22. Januar 23. Januar 24. Januar 25. Januar 29. Januar 30. Januar 31. Januar 1. Februar 6. Februar 7. Februar 8. Februar 11. Februar 24. Februar 28. Februar 20. März 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  | 
      Am 
        23. 12. 2002 waren folgende Texte im Schwäbischen Tagblatt  zu lesen: Zur Abschiebung der JasharisKUSTERDINGEN. Wie wir bereits 
          berichteten, wurde am vergangenen Dienstag um 2 Uhr morgens die in Kusterdingen 
          wohnende Familie Jashari in den Kosovo abgeschoben (siehe auch das ÜBRIGENS 
          und die Leserbriefseite). Die fünfköpfige Familie hat nun 
          in Pristina notdürftig Unterschlupf in einem kleinen Zimmer gefunden, 
          das, wie sie telefonisch berichtete, nur zwei Stunden täglich beheizbar 
          ist. In Kusterdingen regt sich derweil der Protest über die nächtliche 
          Aktion gegen die Familie. Freunde und Bekannte der Jasharis treffen 
          sich am heutigen Montag, 23. Dezember, um 20 Uhr im Kusterdinger "Bauerncafé" 
          Im Höfle, um über praktische Hilfsmaßnahmen und weitere 
          Aktionen für die Jasharis zu beraten. Übrigens ...Guter Rat für AbschieberEs ist nicht ganz leicht 
          in diesen stressigen Vorweihnachtszeiten, alle Aufgaben und Ansprüche, 
          die sich einem stellen, zu erfüllen. Geschenke für die Kinder, 
          Geschenke für Freunde und Verwandte, daheim aufräumen, backen, 
          beseelt sein, die Wohnung auf gemütlich schmücken und dann 
          auch noch einen Job erledigen. Es gibt viele verschiedene 
          Jobs auf der Welt, die einen packen den ganzen Tag am Ladentisch Geschenke 
          ein, die anderen stempeln Formulare. Hinter diesen Formularen stecken 
          Einzelschicksale, aber das macht man sich mit dem Stempel in der Hand 
          besser nicht klar (siehe auch die Leserbriefe ...). Jedenfalls nicht, 
          wenn es sich um Abschiebe-Anordnungen handelt. Man denke einmal, ein Sachbearbeiter 
          würde folgendes Exemplar abstempeln: "Hiermit ordne ich an, 
          dass die fünfköpfige Familie Jashari aus Kusterdingen mit 
          ihrem zweieinhalbmonatigen Baby und ihren fünf- und achtjährigen 
          Töchtern in den Kosovo abgeschoben wird. Ich möchte, dass 
          diese Familie drei Monate vor Ablauf ihrer Duldung in den Kosovo zurückkehrt, 
          obwohl sie dort keine Wohnung hat, die Eltern ohne Arbeit sind, und 
          die Verhältnisse im Land höchst unsicher. Ich weiß zwar, 
          dass die Eltern in Kusterdingen Arbeit und Wohnung haben, dass sie im 
          Ort gut integriert, ihre beiden Töchter hier geboren sind und viele 
          Freunde haben und den Kindergarten und die Schule besuchen. Aber ich 
          finde, das ist kein Grund, sie nicht abzuschieben. Ich möchte, 
          dass die Familie Jashari in der Nacht aus ihrer Wohnung abgeholt, etwas 
          Zeit bekommt, um das nötigste Handgepäck zusammenzupacken, 
          und dann in den Kosovo ausgeflogen. wird." Gezeichnet: Sowieso. Vielleicht Herr oder Frau 
          Sowieso, aber niemand sonst würde ein solches Formular unterschreiben. 
          Denn eigentlich kann ja niemand so unmenschlich sein oder handeln. Um 
          eine Abschiebung so durchzuexerzieren, wie es in den frühen Morgenstunden 
          des Dienstag geschah, muss man vom Einzelschicksal abstrahieren. Man 
          darf gerade mal die Fall-Nummer oder das Akten-Kennzeichen des Asylgesuchs 
          kennen, mehr tut dem Abschieber nicht gut. Am besten für das Seelenheil 
          des Abschiebers ist sicherlich, die Leute, die seine Anordnung trifft, 
          nicht zu kennen. Jede Möglichkeit, die eigene soziale Phantasie 
          in Gang zusetzen, muss ausgeschaltet sein. Ein Sachbearbeiter sollte 
          seine Sache mit professioneller Distanz tun und vor allem an sein Abschiebe-Plansoll 
          denken. Denn was nützt dem Land 
          Baden-Württemberg ein Sachbearbeiter für Asylangelegenheiten, 
          der darüber nachdenkt, welche unglaubliche Härte sein Job 
          in ein Familienschicksal bringt? Er müsste sich ja ein Gewissen 
          machen, und das verträgt sich schlecht mit der hiesigen Abschiebepolitik. 
          Der Abschieber hat sicher alles richtig gemacht; nur eines hat er nicht 
          bedacht: den Zorn, den diese Maßnahme nach sich zieht.  Ulla Steuernagel Leserbiefezur nächtlichen Abschiebung der bis dahin in Kusterdingen lebenden Familie Jashari in den Kosovo»Soviel Unmenschlichkeit« Es begab sich aber ... im 
          Advent des Jahres 2002 in einem Land, dass eine Familie mit Grundschulkind, 
          Vorschulkind und zweieinhalb Monate altem Säugling mitten in der 
          Nacht von der Polizei aus den Betten gerissen und "abgeführt" 
          wurde, abgeschoben in den Kosovo, in die Kälte, ins Ungewisse. 
          Was haben, was durften, was konnten sie in der Aufregung und Angst bei 
          drei weinenden Kindern mitnehmen? Monika Elsässer, Kusterdingen, Albert-Schweitzer-Straße 11 »Kein Kraut gewachsen« Am 21. Dezember 1996 hatte 
          ich - als empörte Reaktion auf einen Bericht im SCHWÄBISCHEN 
          TAGBLATT über eine kurz vor Weihnachten vollzogene Abschiebung 
          von asylsuchenden Flüchtlingen - an Innenminister Dr. Schäuble 
          geschrieben: "Manchmal schäme ich mich dafür, wie gnaden- 
          und erbarmungslos mit Menschen umgegangen wird". Im Dezember 1997 
          dann dasselbe nach dem Motto: "Alle Jahre wieder. Meinem damaligen, 
          ebenfalls Protest zum Ausdruck ringenden Leserbrief vom 11. Dezember 
          1997 habe ich heute, im Jahr 2002, angesichts einer erneuten weihnachtlichen 
          Nacht- und Nebel-Aktion unseres Regierungspräsidiums eigentlich 
          nichts hinzuzufügen, außer dass es sich diesmal um eine "rechtschaffende" 
          Kusterdinger Familie handelt. Alles wie gehabt. Allerdings kämpfe 
          ich diesmal gegen hilflose Resignation und ohnmächtigen Zorn. Ist 
          denn gegen machtlüsternen Sadismus kein Kraut gewachsen? Und dann 
          betont man auch noch gegen die europawilligen "türkischen 
          Islamisten" die Christlichkeit unseres Abendlandes. "Was ihr 
          auch nur einem von meinen geringsten meiner Brüdern getan habt, 
          habt ihr mir getan", sagte der in der Fremde unter Fremden, die 
          ihn nicht wollten, geborene Jesus. Astrid Grell-Bartholomäus, Kusterdingen, Hohenlehenstraße 23 »Eine Zukunft bieten« Noch stehen Schuhe vor der 
          Wohnungstür der Familie Jashari. Als die Eltern mit ihren drei 
          Kindern nachts um zwei abgeholt wurden, durften sie nur noch schnell 
          Handgepäck zusammenraffen. Dabei könnten die Jasharis 
          jetzt jedes Kleidungsstück brauchen. Besonders das Baby. Zweieinhalb 
          Monate ist es alt. Im Kosovo, wohin die Familie völlig überraschend 
          abgeschoben wurden, ist es kalt. In dem Zimmer, in welchem die fünf 
          hausen, gibt es nur für zwei bis drei Stunden am Tag Strom. Wir fragen uns: Warum diese 
          Nacht-und-Nebel-Aktion? Die Jasharis wussten, dass sie nicht mehr lange 
          in Deutschland würden bleiben können. Deshalb arbeiteten die 
          Eltern an der Rückkehr: Sie verdienten hier Geld, sparten jeden 
          Cent, um sich im Kosovo eine Existenz aufbauen zu können. Sie schmiedeten 
          Pläne, zogen Erkundigungen und pflegten Kontakte in ihre Heimat. 
          Sie wollten vorbereitet sein. Sie wollten ihren Kindern eine Zukunft 
          bieten. Aus einem Arbeitsverhältnis 
          hier steht den Eltern noch Lohn zu. Anscheinend beansprucht das Regierungspräsidium 
          nun das Geld. Um die Kosten der Abschiebung zu decken, wie es heißt. Wir fragen uns: Wer trifft 
          solche Entscheidungen? Warum diese so unsinnige wie menschenverachtende 
          Aktion? Christiane Bonnet-Baumgärtner und Thomas Baumgärtner, Kusterdingen, Baumschulweg 6 »Kein Raum mehr« Da standen sie, Mitschüler, 
          Kindergarten-Kinder, Arbeitskollegen, Freunde - da standen sie am 19. 
          Dezember auf dem Schulhof der August-Lämmle-Schule in Kusterdingen: 
          traurig, verstört, fassungslos. In der Nacht zum 17. Dezember war 
          die Familie Jashari, die seit zehn Jahren in Kusterdingen lebte, mit 
          ihren drei Kindern - zweieinhalb Monate (!), fünf und acht Jahre 
          alt - von der Polizei aus ihrer Wohnung geholt und nach Pristina im 
          Kosovo abgeschoben worden. Zwei Tage zuvor hatte die Familie den Bescheid 
          erhalten, ihre Duldung sei bis zum 31. März 2003 verlängert. Nach einer Pressemeldung 
          stellte die Sprecherin des Regierungspräsidiums fest, dass solche 
          Zusagen ohne Bedeutung sind. Sie erklärte: Abschiebungen trotz 
          zuvor erteilter Duldung seien durchaus üblich. Nun hat ein solches 
          Außerkraftsetzen einer gegebenen Zusage nicht nur eine rechtliche, 
          es hat auch eine moralische Dimension. Da sind die J-ein-Sager, Menschen, 
          die im selben Atemzug zu derselben Sache oder denselben Menschen Ja 
          und Nein sagen. Wer das tut, verstört andere und macht sich selbst 
          unglaubwürdig. Das gilt auch für politische Entscheidungen. Nun gibt es Fragen im Ort: 
          Auf welche amtlich gegebenen Zusagen kann man sich verlassen? Sind Aufrichtigkeit, 
          Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit "von Amts wegen" 
          da und dort außer Kraft gesetzt? Und wenn ja, wo? - Spüren 
          die Verantwortlichen nicht, dass auch solche Vertrauenskrisen Rückwirkungen 
          haben? Ich möchte keine ungehörigen 
          Vergleiche anstellen, aber ich gehöre zu den "Zeitzeugen", 
          die in ihrer Zeit erfahren haben, wie Menschen aus ihrer Wohnung geholt 
          wurden, - und dies nachts, weil es bequem war, Menschen aus dem Schlaf 
          zu reißen und sie eine halbe Stunde später, von anderen möglichst 
          unbemerkt, abzutransportieren. Manches Kind auf dem Hof der August-Lämmle-Schule 
          wird verstört gedacht haben: Kann man mich und meine Eltern und 
          meine Geschwister auch so abholen? Die Familie Jashari hat in 
          der Gemeinschaft unseres Dorfes gelebt: fleißig, hilfsbereit, 
          angesehen, nicht auf Kosten anderer lebend. Die Sprecherin des Regierungspräsidiums 
          hat Recht, wenn sie feststellt, die Familie sei bereit gewesen, freiwillig 
          auszureisen. Aber mit der ihr gegebenen Zusage der Duldung bestand für 
          die Familie zur Zeit kein Grund für eine Ausreise. Fritz Mybes, Pfarrer im Ruhestand, Kusterdingen, Klingenstraße 10/12 »Eine 5-köpfige 
          Menschenfamilie« Die Empörung war groß 
          und löste eine Flut von Leserbriefen aus, als die Schwäne 
          des Anlagensees umgesiedelt werden mussten. Vor einigen Tagen wurde eine 
          5-köpfige Menschenfamilie, darunter ein noch nicht vierteljähriges 
          Kind, um zwei Uhr in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und in den Kosovo 
          abgeschoben. Kann man sich dieses entsetzliche 
          Geschehen vorstellen? ... Kann man ermessen, was es für die Kinder 
          bedeutet, wie dieses Geschehen auf sie wirkt? Originalton der Pressesprecherin: 
          "Dann sind wir ja auch gehalten, abzuschieben". Also, alles 
          ging nach Recht und Gesetz vor sich? Wilma Lechler, Poltringen, Pfalzgrafenring 8 »Mitten in kalter 
          Nacht« Ist es das, was deutsche 
          Behörden mit Weihnachten verbinden, behördliche Ausgeburt 
          christlichen Empfindens? Das erinnert das Gestapo-Methoden. Das bei einer Familie, die 
          seit zehn Jahren hier, der Vater arbeitet und ernährt die Familie, 
          das Mädchen in der Schule, daheim, die Duldung nicht abgelaufen. Behörde und menschliches 
          Mitgefühl - sollte das in einem christlichen Land unmöglich 
          sein? Ich fordere, die Familie wieder einreisen zu lassen bis mindestens 
          Ende März 2003. Dr. Barbara Brachmann, Tübingen, Brahmsweg 21 »Eine brutale Scheiße« Nächtlicher Überfall. 
          Entführung und Verschleppung. So müsste man es eigentlich 
          nennen, wenn einige Menschen mitten in der Nacht eine Familie aus dem 
          Schlaf reißen und gegen ihren Willen in ein weit entferntes Land 
          zwingen, welches längst nicht mehr ihre Heimat ist. Klar ist: Es 
          stimmt was nicht mit einem Staat, der seine bezahlten Helfer wie Räuber 
          und Einbrecher um 2 Uhr nachts zu Menschen schickt, um sie möglichst 
          wehrlos und ohne Zeugen und öffentliches Publikum aus dem Land 
          werfen zu können. Eine brutale Scheiße ist das, die mich 
          beschämt und zornig macht! Was bleibt da angesichts 
          des bevorstehenden Festes zu wünschen? Der Familie eine umsichtige 
          Fluchthilfe-Organisation und baldige Rückführung nach Kusterdingen, 
          und den verantwortlichen Schreibtischtätern und Politikern zumindest 
          eine ausgeprägte Magen-Darm-Grippe über die Feiertage (über 
          weitere niedere Phantasien will ich schweigen). Wenn es denn im Himmel 
          eine gerechte und barmherzige Instanz geben sollte - und die Tage geht 
          es ja auch wieder irgendwie um dieses Thema - dann will ich ihr diese 
          Wünsche von ganzem Herzen antragen. Thomas Pfister, Weilheim, Bronnackerstraße 38 »Die das zu verantworten 
          haben« Weihnachten 2002, eine Familie 
          mit einem Baby, das noch kein Vierteljahr alt ist, wird nachts um zwei 
          aus dem Bett geholt und in den winterlichen Balkan geflogen. Denen, 
          die das zu verantworten haben, sei folgendes gesagt: Sie glauben, Sie 
          hätten im Interesse des Landes gehandelt, Sie glauben, Sie hätten 
          Ihre Pflicht getan. Was Sie in Wirklichkeit getan haben ist: Sie haben 
          eine anständige, rechtschaffene Familie ins Unglück gestürzt. Thomas Ellinger, Kusterdingen, 
          Gartenstraße 4  |