Weihnachten 2002
 

Adeste fideles?
Wo bleiben wir Christen?
Lasst uns den wenigen mutigen nach "Bethlehem" folgen!

Pressestimmen zur Kusterdinger Weihnachtsabschiebung


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Schwäbisches Tagblatt vom 7. Januar 2003:

Die Kreisecke

Für Menschenrechte

"Was werden Sie, Herr Landrat, unternehmen, damit derartige Menschenrecht verletzende Maßnahmen in unserem Landkreis unterbleiben, dass mit so schrecklichen Abschiebepraktiken Schluss gemacht wird?" Diese und drei weitere Fragen habe ich zur Abschiebung der Familie Jashari an Landrat Dr. Kroymann und die Kreisverwaltung gerichtet. Auch, ob die Kreisverwaltung dazu bereit ist, die Forderungen nach Rückholung der Ausgewiesenen mit konkreter Hilfe zu unterstützen. Denn für dieses Vorgehen mit Brachialgewalt von Seiten der Abschiebebehörde kann es keine Entschuldigung, kein Verstecken hinter "Recht und Ordnung" geben.

Die große Solidarität der Kusterdinger mit vielen Einwohnern unseres Landkreises (und darüber hinaus) für die Familie Jashari klagt an: So eine Gewalt geht nicht vom Volke aus! Deshalb auch darf sich niemand, ob bei Behörden oder persönlich, hinter "Nichtzuständigkeiten" verstecken.

Mit der brutalen Abschiebung der Familie Jashari in einer Nacht? und Nebelaktion wurden elementarste Menschenrechte mit Füßen getreten. Und das in unserem einst als liberal hoch gepriesenen Land, regiert von angeblichen Christdemokraten, die stets eifrig die Einhaltung von Menschenrechten in anderen Ländern lauthals fordern. Viele christlich und liberal eingestellte Mitmenschen sind gegen solche behördlich angeordneten Zwangsmaßnahmen mit Abschiebungen. Hier gegen eine Familie gerichtet, die im Stande war, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

In 50 Jahren Baden-Württemberg muss von der Landesregierung gegenüber den Flüchtlingen eine sozial verträgliche, humanere Haltung eingefordert werden. Dazu gehört auch, dass endlich das Flüchtlingsghetto mit den menschenunwürdigen Unterkünften in der Herrenberger Straße unserer preisgekrönten Universitätsstadt Tübingen aufgelöst wird.

Krieg, Diktatur und Gewalt sind stets die Hauptursachen dafür, dass wenige immer reicher und die große Masse Mensch dabei immer ärmer wird. Wir Deutsche wissen (oder sollten es wissen) es aus der eigenen Geschichte. Nicht die davon Betroffenen gilt es zu bekämpfen, sondern die Verursacher der Armut. Statt durch Kriege noch mehr zu zerstören, gibt es reichlich zu tun, um Naturkatastrophen zu begegnen und deren Schäden zu beseitigen.

So leiden die Kommunen auch im Landkreis Tübingen darunter, dass immer mehr Finanzen mit Auslands- und Kriegseinsätzen verplempert werden. Wenn die Bush-Regierung mit ihren Ölmultis gegen den tausendfachen Protest - auch in den USA - die Völker des Irak mit Krieg bedroht, sind auch wir davon betroffen. Achtung und Solidarität für diejenigen Streiter/innen für eine Kultur des Friedens, die ohne Schonung der eigenen Person gegen den Krieg in den Irak reisen.

Wir können uns noch so sehr um das Wohlergehen von uns selbst und die Menschenrechte für andere kümmern: Eine andere Welt ist nur möglich in Frieden und sozialer Gerechtigkeit. In diesem Sinne wünsche ich allen friedensbewegten Mitmenschen ein gutes Jahr!

Gerhard Bialas, Kreisrat TÜL/PDS

Leserbriefe

Weitere Reaktionen auf die Abschiebung der Famile Jashari.

»Polizeilogik«

Mascha Kaleko, geboren 1907 in Galicien als Tochter jüdischer Eltern, Lyrikerin in den dreißiger Jahren in Berlin, emigrierte 1938 in die USA, starb 1975 in Zürich, schrieb: Polizeilogik - Was verstehen Sie darunter? - Zum Beispiel Paragraphen, so wie diesen: Wer keinen Ausweis hat, wird ausgewiesen.

Arthur Hogg, Rottenburg, Friedlandstraße 33


»Noch einmal traumatisiert«

Inder Nacht zum 17. Dezember um 2 Uhr morgens wurde die Familie Jashari in den Kosovo abgeschoben. Ich habe oft mit Herrn Jashari über seinen Aufenthalt gesprochen. Sehr groß war seine Enttäuschung letztes Jahr, als er so knapp den Stichtag des so genannten Arbeitserlasses der Innenministerkonferenz verfehlte (bei ihm fehlten nur drei Monate, um zwei Jahre am Stichtag unabhängig von Sozialhilfe zu sein). Hier waren die Behörden gnadenlos, obwohl Herr Jashari nachweisen konnte, dass er nie die Arbeitserlaubnis für eine Vollzeitstellebekommen hatte. Durch meine Arbeit im Sozialdienst weiß ich, dass andere Ausländerbehörden und Regierungspräsidien in solchen Fällen großzügiger entschieden.

Für Herrn Jashari war es nun klar, dass er ausreisen muss. Was er nie seiner Familie zumuten wollte, war, abgeschoben zu werden. Aus diesem Grund hat er (so sagte er es mir jedenfalls) gegenüber der Ausländerbehörde unterschrieben, dass er eine freiwillige Ausreise mache.

Nur wollte er warten, bis seine Frau das Kind geboren hatte. Herr Jashari wäre mit Sicherheit in den nächsten Monaten ausgereist. Er hatte dieses Hin und Her und diesen psychischen Druck, dem er ausgesetzt war, einfach satt. Umso mehr schockierte es mich, unter welchen Umständen die Familie Jashari nun das Land verlassen musste. Es ist diese unmenschliche Abschiebepraxis unseres Landes, die gerade bei Familien wie den Jasharis wirklich unnötig ist.

Es führt oft zu Missverständnissen, wenn man Flüchtlingen Arbeitserlaubnisse erteilt, aber keine richtigen Aufenthaltserlaubnisse. Die Familie hat drei Tage vor ihrer Abschiebung noch einmal eine Verlängerung ihrer Duldung um drei Monate erhalten, um dann drei Tage später mit einem martialisch aussehenden Aufgebot, vermutlich bewaffnet mit Schlagstock (so ist die Praxis), von der Polizei abgeholt zu werden. Es wird bewusst riskiert, dass die Menschen und vor allem die Kinder noch einmal traumatisiert werden.

Ich wünsche mir, dass die Behörden hinter dem Schreibtisch auch die Menschen sehen und nicht nur den bloßen Vorgang. Bedauerlich ist, dass gerade Menschen, die sehr gut integriert sind und wo die Gesellschaft schon einiges für ihre Integration geleistet hat, so aus dem Land gejagt werden, dass ihnen jegliche Chance auf eine Rückkehr verbaut wird. Die Familie Jashari kann mit dem Stemper der Abschiebung auf Jahre hinaus nie wieder in ein EU-Land einreisen. Auch nicht zu Besuch.

Jens Peter, Kusterdingen, Kingenstraße 6


»Selbst zu verantworten«

Viele von uns macht es menschlich betroffen, wenn eine Familie kurz vor Weihnachten in ihre Heimat abgeschoben wird. Doch was ich in den Medienberichten bisher vermisse, ist die Tatsache, dass diese Abschiebung nicht überraschend kam, sondern die Familie diese selbst herausgefordert hat und täglich damit rechnen musste. Dies war ihr auch bekannt.

Die Kosovoflüchtlinge wissen seit Jahren, dass sie bei uns nur Gäste auf Zeit sind. In den Kriegs- und Notzeiten hat die Bundesrepublik Deutschland hervorragende menschliche Hilfe geleistet. Seit sich die Lage im Kosovo stabilisiert, sind tausende Menschen freiwillig zurückgekehrt, um sich in ihrem Geburtsland, ihrer Heimat, am Wiederaufbau zu beteiligen. Die deutschen Behörden haben den Flüchtlingen viel Zeit gelassen, ihre Rückkehr vorzubereiten. Es wurde nicht schematisch nach dem Gesetz die zwangsweise Abschiebung verfügt, sondern jeder einzelnen Familie eine Rückkehrvereinbarung angeboten, in der sie ihre Rückkehr organisatorisch und zeitlich weitgehend frei gestalten konnte.

Denjenigen, die sich nicht darauf einlassen wollten, stand unser Rechtsweg mit all seinen Instanzen offen. Erst wenn der Weg über die Gerichte mit allen demokratischen Regelungen unseres Rechtsstaats ausgeschöpft ist und sich die Familie weiterhin gegen eine freiwillige Ausreise oder eine Rückkehrvereinbarung sperrt, muss sie mit der Abschiebung rechnen. Diese kann dann allerdings nur überraschend erfolgen, denn die Erfahrung zeigt leider, dass sich Betroffene durch ein Untertauchen den Geboten unseres Rechtsstaats entziehen.

Insofern gehe ich zwar damit einig, dass eine zwangsweise Rückführung menschlich problematisch ist. Die Betroffenen haben diese jedoch selbst zu verantworten, denn unser demokratischer Rechtsstaat kann die uns wichtige demokratische Freiheit dauerhaft nur gewährleisten, wenn alle die Gesetze respektieren, die unsere mehrheitlich gewählten politischen Vertreter geschaffen haben und die von einem hohen humanitären Niveau geprägt sind.

Dennoch freue ich mich sehr über die menschliche Hilfe, die den zurückgekehrten Flüchtlingen jetzt durch die Bevölkerung zuteil wird. Denn nicht das Lamentieren über eine angebliche Härte des deutschen Rechts, sondern die konkrete Unterstützung ist der richtige Weg, der Familie Jashari einen Wiederanfang in ihrer Heimat zu ermöglichen.

Franz-Gerhard Pilz, Gönningen


Ein offener Brief an Ministerpräsident Erwin Teufel zum Fall Jashari.

»Werte wie Humanität«

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich bin erschüttert und empört über die Abschiebung der in Kusterdingen lebenden Familie Jashari in den Kosovo wenige Tage vor Weihnachten. Am meisten empört mich die hier von einer Landesbehörde demonstrierte Unmenschlichkeit und Unzuverlässigkeit. Wie soll man es anders nennen, wenn trotz einer zuvor ausgesprochenen Duldung Menschen mit kleinen Kindern in einer Nacht-und-Nebel-Aktion - warum eigentlich nachts, bestand Fluchtgefahr? - abgeholt und ins Flugzeug in ein für die Kinder fremdes Land gesetzt werden?

Als Lehrer für evangelische Religion und Geschichte am Pfullinger Gymnasium ist es meine Aufgabe, den Schülern Werte wie Humanität und Nächstenliebe zu vermitteln und sie "zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen" (Schulgesetz des Landes Baden-Württemberg § 1, Abs. 2). Ich nehme diesen Auftrag ernst, stelle aber fest, dass das Land Baden-Württemberg mit seiner Abschiebepraxis diese Ziele konterkariert.

Sie, Herr Ministerpräsident und Landesvorsitzender einer sich als "christlich" verstehenden Partei, haben in Ihrer Neujahrsansprache zu "Solidarität und Mitmenschlichkeit" aufgerufen. Sie erklärten, dass den Unternehmen des Landes geholfen werden müsse. Kürzlich im Wahlkampf beanspruchte Ihre Partei, sich besonders für die Familien zu engagieren - nur für deutsche?

Wie können wir Bürgerinnen und Bürger solche hehren Worte noch ernst nehmen, wenn gleichzeitig eine hier lebende und Steuern zahlende Familie über Nacht ihrer mehrjährigen Heimat und eine Firma des Landes ihres Mitarbeiters beraubt wird?

Ich bitte Sie, sich an die von Ihnen selbst gesetzten Ansprüche zu erinnern und eine Rückkehr der Familie Jashari nach Kusterdingen zu ermöglichen. Tun Sie damit auch etwas für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in diesen Staat!

Pfarrer Traugott Huppenbauer, Sickenhausen, Tannhäuserstraße 13

Weitere Texte zur Kusterdinger Weihnachtsabschiebung im Schwäbischen Tagblatt vom 8.1.2003




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