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       Pressemeldungen 
       
      Schwäbisches 
        Tagblatt, 20.10.2003 
         
      Jeder einzelne 
        Fall ist ein Drama 
        
      "Tag des Flüchtlings": 
        Noch immer keine Lösung für langjährig Geduldete 
        
      TÜBINGEN (re). Hunderte 
        besuchten am Samstag den Tübinger "Tag des Flüchtlings" 
        in der Panzerhalle im französischen Viertel. 
          
      Ohrenbetäubender Lärm: 
        Jugendliche Roma aus dem Kosovo sangen und tanzten auf der Bühne. 
        Ihre Zukunft ist ungewiss - noch gilt der Abschiebestopp, aber "für 
        nächstes Jahr weiß man das nicht", sagt Katrin Mehrtens 
        vom Asylzentrum. Das Motto des Flüchtlingstages lautete: "Hier 
        geblieben - Recht auf Bleiberecht." Mehrtens erläuterte in der 
        Begrüßungsrede: "Über 230 000 Menschen leben in Deutschland 
        in einer rechtlichen Grauzone." Mehr als 150 000 davon seien schon 
        über fünf Jahre geduldet. In Tübingen leben nach ihrem 
        Angaben etwa 350 Menschen mit Duldung, weitere 260 in Rottenburg. 
         
      "Wer lange hier ist, muss 
        bleiben dürfen", sagte Mehrtens. "Viele Kinder von Flüchtlingen 
        sind hier geboren oder aufgewachsen. Für sie ist Deutschland inzwischen 
        ihr Zuhause." Doch selbst nach jahrelangem Aufenthalt drohe die Abschiebung. 
        Auch das geplante Zuwanderungsgesetz biete keine Lösung für 
        langjährig Geduldete. 
         
      Das Südstadt-Jugendhaus 
        "Pauline" war mit Ball-Netz und Tischkicker zur Stelle, die 
        Hauptschule Innenstadt trommelte gegen Rassismus und Gewalt. Es gab Informationen 
        über die aus Gomaringen in den Kosovo abgeschobene Familie Avdijaj 
        und die kurdische Familie Güler, die nach jahrelangem Kirchenasyl 
        die Duldung durchsetzte. 
         
      Seit vier Jahren setzt sich 
        die Tübingerin Elisabeth Odinius für bosnische Flüchtlings-Fälle 
        ein. "Erstmals bin ich 1999 am Tag des Flüchtlings mit einer 
        Nachbarin aufs Ausländeramt." Sie organisiert "fallbezogene 
        Netzwerke" mit Menschen aus dem sozialen Umfeld der von Abschiebung 
        bedrohten Menschen. Mehr als 90 Mal war sie im hartnäckigen Ringen 
        mit den Behörden erfolgreich. Am Samstag stellte sie ihre "beiden 
        letzten noch ungelösten Fälle" vor: Die bosnische Witwe 
        Katja Ljubicic lebt bei ihrer Familie in Lustnau und betreut die Enkel. 
        Die Tochter durfte bleiben, nicht aber die 59-Jährige. "Wer 
        soll die vier Mädchen versorgen, wenn ihre Mutter bei der Arbeit 
        ist?" 
         
      Doch familiäre Aspekte 
        lässt das Innenministerium nicht gelten. Nur wer Arbeit hat, kann 
        auf die Aufenthaltsgenehmigung hoffen. Besonders getroffen hat das die 
        bosnische Familie Dumancic. 2001 legte das Innenministerium Bedingungen 
        fürs Bleiberecht fest. Dazu gehört ein Stichtag, seit dem die 
        Flüchtlinge ununterbrochen gearbeitet haben müssen. Doch zum 
        fraglichen Zeitpunkt 1998 war Franja Dumancic arbeitslos. 2001 fand er 
        dann Arbeit bei einer Baufirma, mittlerweile unterstützt sogar die 
        Handwerkskammer seinen Aufenthalts-Antrag. 
         
      Familie Dumancic ist seit 1992 
        in Tübingen, beide Kinder gehen hier zur Schule. Mutter Ankica ist 
        Elternbeirätin - bei ihr fehlte gerade ein Monat zum Stichtag. "Wir 
        streiten vor dem Verwaltungsgericht, ob das Rechtens ist", sagt Elisabeth 
        Odinius. "Jeder einzelne Fall ist ein Drama. Manchmal dauert das 
        Jahre." 
       
      
      
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