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Soll
Familie Tran gehen?
Unsere
Abschiebepraxis ist inhuman !!
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Die Abschiebe-Praxis
in Baden-Württemberg ist inhuman und widerspricht unserem Grundgesetz.
Sie widerspricht aber insbesondere unserer christlichen
Moral:
»Die wohlhabenderen
Nationen sind verpflichtet, so weit es ihnen irgend möglich ist,
Ausländer aufzunehmen, die auf der Suche nach Sicherheit und Lebensmöglichkeiten
sind, die sie in ihrem Herkunftsland nicht finden können. Die öffentlichen
Autoritäten sollen für die Achtung des Naturrechts sorgen, das
den Gast unter den Schutz derer stellt, die ihn aufnehmen.«
(Katechismus der Katholischen Kirche, Ziffer
2241, München 1993, 571f.)
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Schwäbisches
Tagblatt, 8. Dezember 2005, S. 23
Innenminister
Heribert Rech bekommt
1500 Postkarten aus Tübingen
Im Tübinger Asylzentrum
häufen sich die Postkarten. Eigentlich wollten Dieter Röll vom
AcK (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen) und Katrin Mehrtens vorn
Asylzentrum (beide im Bild) die Karten bei einem Gesprächstermin
im Innenministerium übergeben, doch daraus wird vorerst nichts. "Ich
unterstütze die Forderung nach einem sicheren Bleiberecht für
die hier aufgewachsenen Kinder von ,Langzeitgeduldeten' und ihre Familien",
dieser Text steht auf allen Karten, die der baden-württembergische
Innenminister Heribert Rech nun postalisch aus Tübingen bekommt.
Die vom Asylzentrum und der AcK initiierte Karten-Aktion hat unfreiwillig
eine besondere Aktualität bekommen. Denn gestern erfuhr die Öffentlichkeit,
dass die vietnamesische Familie Tran nicht als Härtefall eingestuft
wird und damit so gut wie keine Chance auf Asyl in Deutschland hat. Als
besondere Härte und Inhumanität empfinden die 1500 Absender
der Karten, wie Flüchtlingskinder und ihre Familien nach jahrelangen
Duldungen ihre Heimat plötzlich verlieren. "Die Kinder",
betont Dieter Röll, "haben hier ihre Heimat." Die rechtlichen
Voraussetzungen müssten geändert werden. Auch Baden-Württemberg,
so Katrin Mehrtens, brauche - wie andere Bundesländer es schon vormachten
- eine "Altfallregelung", die nach Aufenthaltsdauer und der
Lebenssituation der Kinder entscheidet. Die Härtefallkommission des
Landes werde dann auch nicht so mit Anträgen überschüttet
wie es bisher der Fall ist. Für ein Bleiberecht der Familien Tran
waren auch schon anderenorts in Tübingen 5000 Unterschriften gesammelt
worden. "Überrascht und hilflos", so bezeichneten die Lehrerin
Angelika Martersteig und Helmut Schneck die Reaktionen in der Tübinger
Albert-Schweitzer-Realschule. Dort besuchen Hai Ha und Hai Linh Tran die
sechste und siebte Klasse. Für beide Mädchen wäre es "eine
Katastrophe", wenn sie nach Vietnam ziehen müssten: Beide können
weder vietnamesisch schreiben noch lesen.
ust /hoy / Bild:
Metz
Übrigens
...
Nur ein Abstimmungsergebnis
Die Situation ist kaum zu verstehen:
Da lebt eine vietnamesische Familie seit Jahren in Deutschland, erfüllt
mittlerweile alle Integrationsansprüche, die Kinder gehen hier zur
Schule, treffen sich nachmittags mit anderen Kindern, sie teilen ihre
Sorgen um Klassenarbeiten, Hausaufgaben und Noten. Doch plötzlich
sind die Noten egal, treten Nöte in den Vordergrund, die von einer
Art sind, wie deutsche Kinder sie niemals haben werden. Diese Nöte
hängen nicht von Schulleistung und Beliebtheit, sondern von Zufall
oder der Gnade der Geburt ab - und nicht einmal der eigenen.
Der Geburtsort der Eltern entscheidet
über das Schicksal der Kinder, auch wenn er noch so wenig Heimat
für sie ist. Kann man das anders als Ungerechtigkeit empfinden? Auf
der einen Seite werden Kinder umsorgt und behütet, und kein Politiker
versäumt es, zu betonen, wie wichtig sie fair dieses vom Aussterben
bedrohte Land sind. Auf der anderen Seite werden Kinder aus dem Land geschubst,
abgeschoben, aussortiert.
Der vietnamesischen Familie
Tran, die seit 13 Jahren in Deutschland lebt und einen Gutteil davon in
Tübingen, steht diese Erfahrung nun bevor. Bis jetzt zeigt sich nirgendwo
auch nur der kleinste Hoffnungsschimmer, dass es anders kommen könnte.
Letzte Woche erst scheiterte im Landtag an CDU und FDP ein Antrag der
SPD auf Änderung des Bleiberechts. Sechs Jahre Leben in Deutschland
und hier geborene und schulpflichtige Kinder sollten als Bleibe-Grund
gelten.
Doch vorerst wird
die Härtefallkommission des Landes das letzte Mittel sein. Im Fall
der Trans kam hier nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit (mindestens
sechs von neun Stimmen) zusammen. "Die Gründe der einzelnen
Mitglieder können völlig differieren", sagt der Geschäftsstellenleiter
der Kommission, Joachim Pampel. Es gibt also keinen offiziellen Grund
für die Ablehnung des Härtefallantrags. Nur ein Abstimmungsergebnis.
Die Ablehnung lässt sich weder auf Straftaten des Vaters vor acht
Jahren zurückführen, noch darauf dass die Familie lange von
Sozialhilfe lebte.
Und eigentlich mag man auch gar nicht nach den Gründen forschen:
Die Härte des Ergebnisses wird dadurch nicht besser . Was haben die
Trans nun zu befürchten? Wolfgang Wenzel, Pressesprecher des Regierungspräsidiums,
sieht den Fall besiegelt: "Kein Spielraum mehr". Das Ziel sei
nun, eine "freiwillige Ausreise der Familie in einer angemessenen
Frist zu erreichen". Wie lang diese Frist sein wird, sei schwer zu
sagen, das hänge ganz von der Situation der Familie ab. Wir wagen
zu behaupten, dass die Situation der Familie absolut deprimierend ist.
Aber danach wird die Angemessenheit der Frist leider nicht berechnet.
Ulla Steuernagel
Leserbriefe
S.
28:
Die Härtefallkommission
hat entschieden und eine Aufenthaltsgenehmigung für die seit elf
Jahren in Deutschland lebende vietnamesische Familie Tran abgelehnt ("Kein
Härtefall", 7. Dezember).
"In Sonntagsreden
heucheln"
"Integration" basiert
in Deutschland, auf den Bedingungen eines strukturellen Rassismus. Dazu
gehört zum Beispiel, dass eine Familie, die seit Jahren hier lebt,
rausgeschmissen werden kann, wenn der Vater Sozialhilfe bezieht. Dazu
wird die Statnmtischparole ausgegeben, dass die Arbeitslosen und darunter
vor allem die Migranten an der Arbeitslosigkeit selbst schuld seien und
nicht das Wirtschaftssystem, das diese Realitäten erzeugt.
Das "Ergebnis" der
Härtefallkommission im Fall der Familie Tran mag empören - verwunderlich
ist es nicht. In diesem Gremium sitzen Leute, die in Sonntagsreden vom
weltoffenen Deutschland heucheln. Möge ihnen ihr scheinheiliges Gerede
von der Integration in der gespaltenen Zunge stecken bleiben.
Andreas Linder,
Tübingen, Provenceweg 3
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