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          Tagblatt vom 24. Januar 2003: 
         
           
            | Zur 
                Sache gefragt 
                Karl Joachim Hemeyer   Karl Joachim 
                Hemeyer vertritt Roma- und Ashkali-Familien, die nach Serbien 
                abgeschoben werden sollen. Die Lebensbedingungen für diese 
                Familien in Serbien seien katastrophal.  Bild: 
                Metz |  |  Dürfen 
          die einfach abschieben?
Als "skandalös" 
          bezeichnet es der Tübinger Rechtsanwalt Karl Joachim Hemeyer, dass 
          die Gomaringer Familie Avdijaj nach Serbien ausreisen beziehungsweise 
          abgehoben werden soll. In den vergangenen Monaten hat sich Hemeyer genau 
          über die Situation von Roma und Ashkali in Serbien informiert - 
          weil er fünf Familien aus ein Bundesgebiet vertritt, denen wie 
          den Avdijajs die Abschiebung droht.
 Alle diese Familien sind. 
          Roma oder Ashkali. Beide Bevölkerungsgruppen sind in Serbien und 
          im Kosovo Minderheiten und würden, so Hemeyer, "massiv diskriminiert". 
          Aus den Berichten von Pro Asyl, der Gesellschaft für bedrohte Völker, 
          dem schweizerischen Flüchtlingsrat, dem Menschenrechtskommissar 
          des Europarats und anderen Organisationen und Personen geht hervor, 
          wie diese Minderheiten immer noch in Serbien behandelt werden. "Sie 
          leben am Rand von Belgrad in illegalen Siedlungen, oft in Hütten 
          aus Wellblech, Holz und Pappe ohne Wasseranschluss und Toilette", 
          berichtet der Anwalt.
 "Sie haben keine Chance 
          auf Arbeit, sind nicht krankenversichert und zudem rassistischen Tendenzen 
          der serbischen Bevölkerung ausgesetzt. Die Kinder haben keine Chance 
          auf Schulbildung, weil die Aufnahme in die Schule nicht vom Wissen, 
          sondern allein von den Sprachkenntnissen abhängt." Im Fall 
          der Avdijajs ist das fatal, denn keins der Kinder kann serbisch. Zudem 
          bekämen die Familien in Serbien keinerlei staatliche Unterstützung 
          - auch keine Sozialhilfe. Und sie fänden auch keine Arbeit.
 "Die Politik hält 
          die Menschenechte nicht ein", kritisiert Hemeyer. Und fragt: "Wieso 
          werden Sprache und Kultur geschützt, nicht aber die bloße 
          Existenz?" Das deutsche Asylrecht hält er für viel zu 
          eng, weil es die besonderen Schutzrechte von Minderheiten nicht berücksichtige. 
          Nach dem neuen Zuwanderungsgesetz, das nun verhindert wurde, sei auch 
          die nichtstaatliche Verfolgung berücksichtigt. Weil aber ganz offiziell 
          Ashkali und Roma in Serbien nicht verfolgt werden, können sie abgeschoben 
          werden.
 Der Schutz von Minderheiten, 
          so Hemeyer, sei nach geltendem Recht nur dann gegeben, wenn die Leute 
          "sehenden Auges" in den Tod geschickt oder schwersten körperlichen 
          Verletzungen ausgesetzt würden. Dabei sei Freiheit schließlich 
          auch ein Menschenrecht - und die sei bei einer Rückführung 
          der Familie Avdijaj nicht gegeben. "In Serbien und im Kosovo leben 
          aus Deutschland abgeschobene Roma und Ashkali in Ghettos, und zwar unter 
          unwürdigen Bedingungen. Sie können sich ungeschützt keine 
          50 Meter davon entfernen." Und auch wenn die KFOR vor Ort sei: 
          "Die können auch nicht überall sein."
 In den Fällen, die Hemeyer 
          betreut, vertritt er vor Gericht stets die Auffassung, dass eine Abschiebung 
          oder freiwillige Ausreise menschenverachtend sei. "Ich halte das 
          für rechtlich unzulässig." Auch der Versuch, die Familien 
          zu einer freiwilligen Ausreise zu bewegen sei unwürdig: Schließlich 
          würden sie, wenn sie nicht freiwillig gingen, abgeschoben werden. 
          "Was soll denn daran freiwillig sein?"
 Es bestehe auch keinerlei 
          Pflicht zur Abschiebung - weshalb Hemeyer die herrschende Abschiebepraxis 
          als "rein politische Entscheidung" bezeichnet. "Da heißt 
          es halt: Wo kämen wir denn hin, wenn alle dableiben dürften?" 
          Zudem sei es "ein Skandal ersten Ranges", dass Menschen aus 
          der Bundesrepublik "nach unserer Geschichte" nach Serbien 
          abgeschoben würden. Dazu komme, dass die Bundesrepublik Deutschland 
          als Beteiligte des Kosovo-Krieges mittelbar mit verantwortlich für 
          die Politik der "ethnischen Säuberung" sei. Schon allein 
          deshalb sei es unverantwortlich, den betroffenen Familien den Asylschutz 
          zu versagen.
 Immerhin: "Ich bin etwas 
          hoffnungsvoll", sagt Hemeyer, wenn er über die von ihm vertretenen 
          Familien spricht. Und: "Man muss es halt immer wieder probieren, 
          vielleicht kommt die Einsicht ja doch noch."Sabine Lohr
 
 INFO: Im 
          Regierungsbezirk Tübingen leben zur Zeit nach Auskunft des Regierungspräsidiums 
          noch 302 Roma und Ashkali aus Serbien und 1610 Serben, Roma und Ashkali 
          aus dem Kosovo. Dorthin dürfen Minderheiten zur Zeit grundsätzlich 
          nicht, nach Serbien nur über den Winter nicht abgeschoben werden. 
          Allerdings gibt es laut Dieter Wiesinger, Sprecher des Innenministeriums, 
          "immer Ausnahmen".
 
 Weitere 
          Texte zur Kusterdinger und Gomaringer Weihnachtsabschiebung im Schwäbischen 
          Tagblatt vom 25. Januar 2003 |